Der Zauderer

Bis Weihnachten wollte US-Präsident George W. Bush eine Kursänderung für den Irak festklopfen - doch nun soll die Welt erst im neuen Jahr erfahren, mit welchen Strategien das Weiße Haus die Sicherheitslage zu verbessern und den Boden für einen Truppenrückzug zu bereiten gedenkt.

Was steckt hinter diesem Zögern? Zum einen zeigt sich einmal mehr die Bürde für Amerika, einen Politiker zu gleich zwei Amtszeiten gewählt zu haben, dessen außenpolitische Erfahrung beim Einzug in die Regierungszentrale gleich null war - und der deshalb extrem beratungsabhängig ist. Zum anderen zeigen kühle Reaktionen in konservativen Kreisen, dass innerhalb des Bush-Zirkels kaum Begeisterung für die Vorschläge der Baker-Kommission herrscht, und man offenbar zur Ansicht kam, dass ein fundamentaler Kurswechsel im Irak - verbunden mit klaren Abzugshinweisen - im Prinzip eine der wichtigsten Grundlinien der Bush-Präsidentschaft konterkarieren würde: Die Vorstellung nämlich, dass eine - notfalls gewaltsame - Verbreitung demokratischer Werte im arabischen Raum der beste Weg ist, die Terrorismusgefahr für die USA einzuschränken. Ein Scheitern des "Leuchtturm"-Projektes Irak wäre also auch ein Scheitern der neokonservativen Sicherheits-Philosophie. Aus diesem Grund ist nun zu erwarten, dass sich das Weiße Haus nach der ernüchternden wie schockierenden Bilanz des Baker-Berichts und den täglichen Anschlags-Meldungen aus Bagdad erst einmal weiter einigelt - um dann Trippelschritte zu verkünden, die nicht mit festen Terminen verbunden sind und somit weiter zumindest den Anschein erwecken, man habe noch nicht aufgegeben. Denn der Druck auf Bush kommt nicht nur aus dem Inland: Die jetzt kolportierte Drohung Saudi-Arabiens, bei einem schnellen Ende des amerikanischen Irak-Engagements die Sunniten unterstützen zu wollen, zeigt die Brisanz der gesamten Lage - und die Schwierigkeit, eine Lösung zu finden, die den Irak nicht in den Fluten eines allumfassenden Bürgerkriegs versinken lässt. nachrichten.red@volksfreund.de

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