Der letzte Zopf

Die Grünen sind eine seltsame Partei. Erst geben sie ihrem erfolgreichen Führungsduo, Claudia Roth und Fritz Kuhn, den Laufpass, weil sich die beiden partout nicht an das heilige Gebot der Trennung von Amt und Mandat halten wollten.

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Foto: axentis.de / Georg J. Lopata (www.axentis.de )

Und nun wird das eiserne Satzungsprinzip per Urabstimmung hinterfragt, was Roth und Kuhn nachträglich auf ihren verlorenen Posten legitimieren könnte. Kein Zweifel, die Partei macht es sich selbst schwer. Es mag ja sein, dass Ämterhäufung zu politischem Filz führt. Doch die Grünen sind längst keine Anti-Parteien-Partei mehr, sondern an der Regierung. Um so wichtiger sind effektive Führungsstrukturen. Das sehen wohl auch die meisten Grünen so. Doch weil es sich um den wohl letzten ihrer alten Zöpfe handelt, ist die Parteiseele geneigt, daran festzuhalten. Gerade deshalb favorisiert die Führung nach vielen vergeblichen Anläufen auch eine sanfte Variante: Wer Mitglied des Vorstands ist, darf zum Beispiel im Bundestag sitzen. Wer Fraktionschef oder gar Minister sein will, dem bleibt der grüne Führungszirkel auch weiterhin versperrt. Eine merkwürdige Lösung. So wird das Thema auch nach der Mitgliederbefragung sicher irgendwann wieder auftauchen. Die berüchtigte grüne Selbstbeschäftigung ist also nicht gebannt. Einstweilen dürfte sich eine Mehrheit für den Kompromissvorschlag erwärmen. Die Amtsinhaber, Angelika Beer und Reinhard Bütikofer, können sich darüber aber nur bedingt freuen. Schließlich waren sie der Notnagel, als für Roth und Kuhn in einer dramatischen Parteitagsnacht Ersatz gefunden werden musste. Der Eindruck, hier handele es sich um eine personelle Übergangslösung, würde durch den erfolgreichen Ausgang der Urabstimmung noch verstärkt. nachrichten.red@volksfreund.de

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