Der schöne Schein

Wenn die Umfragen nicht berauschend sind, dann berauscht man sich eben an sich selbst. So hielt es der Wahlparteitag der SPD. Der Kanzler hielt eine kämpferische Rede, mit dem er den Nerv des Publikums traf. Selten war Schröder dabei seiner Partei emotional so nah.

Wenn die Umfragen nicht berauschend sind, dann berauscht man sich eben an sich selbst. So hielt es der Wahlparteitag der SPD. Der Kanzler hielt eine kämpferische Rede, mit dem er den Nerv des Publikums traf. Selten war Schröder dabei seiner Partei emotional so nah. An dieser Stelle offenbart sich aber auch das ganze Dilemma für die Sozialdemokraten. Sie klatschen einem Mann zu, der die Vertrauensfrage für vorgezogene Neuwahlen mit dem Hinweis begründete, Teile der Partei seien politisch unsichere Kantonisten. Wie wollen die Genossen unter diesen Umständen glaubwürdig vor die Wähler treten? Zumal auch der Zweck der Übung zweifelhaft ist. Denn selbst wenn der SPD noch einmal das Kunststück gelingen würde, mit den Grünen eine Regierung zu bilden - an der von Schröder beklagten politischen Blockade würde sich nichts ändern. Der Bundesrat ist "schwarz" wie gehabt. Bleibt das scheinbar polarisierende Thema der sozialen Gerechtigkeit. Auf dieser Klaviatur entfaltet Schröder ein geradezu meisterhaftes Spiel. Doch den Genossen ist auch erinnerlich, dass es Schröder war, der diesen Eckpfeiler der Partei mitHartz IV und der Aufweichung des Kündigungsschutzes zum Einsturz brachte. Vor diesem Hintergrund muss auch der angebliche soziale Kahlschlag durch Union und FDP seinen Schrecken verlieren. Selbst auf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ist das Wahlvolk innerlich eingestellt. Vielmehr regen sich Zweifel, wenn eine Partei wie die SPD behauptet, sie komme an dieser unpopulären Maßnahme vorbei.

Alles zusammen genommen macht den Wahlkampf für die Genossen so schwierig. Auf dem Parteitag war Schröder sicher ein Mutmacher. Aber Hochstimmung im Saal macht eben noch kein gutes Wetter draußen im Land.

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