Diagnose: Flickschusterei

Gesundheitsfonds, Beitragsbemessungsgrenze, Steuerfinanzierung. Die Verwirrung über die angepeilte Gesundheitsreform ist kaum noch zu toppen. Beinah jeden Tag tut sich scheinbar eine neue Reformbaustelle im Medizinsystem auf.

Nebensächliches wird zur Hauptsache und umgekehrt. Halten wir also fest: Auch nach der jüngsten Verhandlungsrunde im Kanzleramt ist die Neuordnung des Kassenwesens allenfalls in Konturen ablesbar. Nach skandinavischem Vorbild sollen Ärzte und Medikamente stärker über Steuern statt über Beiträge finanziert werden. Das klingt vernünftig, denn dadurch lassen sich die Arbeitskosten verringern. Zugleich werden die Kosten solidarischer verteilt. Doch das ist Zukunftsmusik. Die große Koalition hat den zweiten vor dem ersten Schritt gemacht. Der Versicherte möchte nämlich erst einmal wissen, was 2007 auf ihn zukommt. Nach Lage der Dinge ist das nichts Gutes. Schon bei früherer Gelegenheit taten sich Union und SPD mit durchschlagenden Maßnahmen für mehr Wettbewerb und Effizienz im Kassensystem schwer. Nun droht diese Halbherzigkeit erneut zu triumphieren. So konzentriert sich die politische Betriebsamkeit dann auch auf die Frage, wie der Versicherte schnell kassenwirksam geschröpft werden könnte. Die Planspiele reichen von höheren Beiträgen für Reiche bis zu stärkeren Zuzahlungen für Arme. Jedenfalls sind chronisch Kranke überdurchschnittlich in den unteren Einkommensschichten vertreten. Wenn sich eine Reform auf solche Flickschusterei reduziert, dann ist es um ihre Akzeptanz vollends geschehen. Union und SPD bleiben nur noch wenige Tage Zeit, diesen misslichen Eindruck beim Bürger zu korrigieren. nachrichten.red@volksfreund.de

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