Die Abkehr vom Gedöns

Da sitzen sie in ihrem blauen Studio. Gerhard Delling und Uli Hoeneß. Und reden und reden und reden. Etwas steril das Ganze und viel zu langatmig. Das war der erste Eindruck der "neuen, alten" Sportschau.

Vielleicht ist man auch zu sehr "Ran"-geschädigt, man wartet auf die kreischenden Studio-Zuschauer, die auf das Zeichen des Assistenten mit ohrenbetäubenden Jubel beginnen, wenn das Kameralicht auf Rot schaltet. Dass diese in Fanschals gehüllten Gestalten weggefallen sind, ist o.k., aber Herr Delling, mal ganz ehrlich, ein bisschen mehr Pep hätte es zum Auftakt doch sein dürfen. Das war aber auch der einzige richtig dunkle Schatten beim Neustart des Klassikers. Wohltuend die Berichte von den Spielen: Sachlich kommentiert, der Fußball steht im Mittelpunkt, die Bussi-Liga auf den Promiplätzen, die bei Sat.1 oft die Hauptrolle spielte, bleibt außen vor - die Abkehr vom Gedöns, die Hinwendung zum Ball. Gut so. Nur bei der Auswahl der Kommentatoren hätte die ARD etwas mehr Feingefühl walten lassen müssen: Der bajuwarische Duz-Onkel Gerd Rubenbauer auf dem Betzenberg - ob das die FCK-Fans am Bildschirm erfreut hat? Weiterer Pluspunkt: Im Gegensatz zu Sat.1 wurde auf die unsäglichen, stupiden Statistik-Details aus der "Ran"-Datenbank verzichtet. Dass Wolfsburg in 70 Prozent aller Fälle nach einer Ecke in der 30. Minute von links den Ball nach dem Pausenpfiff verliert, um dann einem Rückstand hinterherzulaufen, der nur bei der Einwechslung von drei Spielern in der 69. Minute noch egalisiert werden kann, hat nun wirklich keinen interessiert. Einzig der Vergleich der vier kleinsten Bundesliga-Spieler aller Zeiten ging in die Richtung. Na ja, Kinderkrankheiten eben. Dafür glänzte die Sportschau mit ihrem Archiv aus 40 Jahren Bundesliga - allerdings manchmal zu dick aufgetragen. Die Leute wollen den aktuellen Spieltag sehen - und aus den Stadien hätte es ruhig ein bisschen mehr sein dürfen - dafür etwas weniger Hoeneß und Delling. Gleiches gilt für die Bestandsaufnahme zur modischen Anziehungskraft der Bundesliga-Trikots - verzichtbar. Wie gesagt, etwas langatmig. Aber für den, der sich bei "Ran" stets über dieses ganze Drumherum, das den Blick vom Wesentlichen ablenkte, ärgerte, für den war die Sportschau schon ein Quantensprung. Noch ein Verbesserungsvorschlag: Schickt bitte das nächste Mal die Ruhrpottlegende Manni Breukmann fürs Fernsehen zum Revierklassiker. b.pazen@volksfreund.de

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