Die Berliner Kakophoniker

Die Berliner Philharmoniker genießen Weltruf. Allesamt sind sie Meister ihres Fachs und schaffen es, durch hervorragendes Zusammenspiel der unterschiedlichen Instrumente wunderbare Musik zu erzeugen. Ganz im Gegensatz zu den Berliner Kakophonikern, jenen nervtötenden Amateurmusikern aus dem Politik-Sommertheater, die Jahr für Jahr schrägere und schrillere Töne anschlagen.

Unerträglich, was die Statthalter der urlaubenden Parteichefs, die Hinter- und Hinterstbänkler in den letzten Wochen an Missklängen unter das staunende und sich schaudernde Volk gebracht haben. Mal geht's ums Witwen-Abzocken, dann sollen die Kinder für die Eltern zahlen. Und über den Kanzlerkandidaten für 2009 kann sich eine Partei ja gar nicht früh genug Gedanken machen. Oder aber die Kakophoniker reagieren auf ganz aktuelle Themen, wie die - gottlob verhinderten - Terroranschläge. Die eine Seite schreit nach Verschärfung der Sicherheitsgesetze, und die andere brüllt Nein! Das alles geschieht reflexartig, ohne auch nur die Fakten zu kennen. Jeder drittklassige Musiker in diesem politischen Panikorchester macht den Mund auf und fängt an zu singen. Obwohl er schon für sein Instrument nur mäßig begabt ist, nicht singen kann und im Grunde auch nichts zu sagen hat, bläst er Worthülsen in die Welt, fordert irgend etwas - und sei es noch so aberwitzig. Hauptsache, er findet seinen Namen in Presse, Rundfunk oder Fernsehen wieder. Dieses Sommertheater ist zwar eine wiederkehrende Erscheinung, wird aber in diesem Jahr von vielen Menschen als besonders schlimm empfunden, weil immer dann, wenn die Berliner Stehgeiger ab und an Pause haben, irgendein verhinderter Chefdirigent aus einem Bundesland kräftig ins Horn bläst und wahlweise die eigene Partei, den Koalitionspartner oder den eigentlichen politischen Gegner in den Senkel stellt. Es bleibt nach wie vor schleierhaft, warum Politiker immer noch glauben, ihr jährliches Sommertheater sei doch ein ganz unterhaltsames Stück. Die Wahrheit ist: Diese Dilletantennummern braucht kein Mensch! d.schwickerath.@volksfreund.de

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