Die Macht der Destruktiven

Anfang des Jahres beklagte die SPD, die Union habe sich heimlich davon gemacht aufs Sonnendeck der Politik, während man selbst im Maschinenraum die Drecksarbeit machen müsse. Nun zeigt sich, dass die CDU nebenan in gleicher Dunkelheit hockt.

29 Prozent geben die aktuellen Umfragen den Christdemokraten, so wenig wie zu den schlimmsten Zeiten der Parteispendenaffäre. Womöglich gibt es auf dem Schiff der großen Koalition gar kein Sonnendeck? Genau das wäre der Punkt. Beide Parteien müssten sich endlich als Leistungs- und Leidensgemeinschaft verstehen und Entscheidungen treffen. Wohl wissend, dass keiner dafür zunächst Zustimmung bekommen wird, beide aber Protest. Denn Reformen dauern, bis sie wirken. Regieren macht eben nicht Spaß, das müssten auch die CDU-Ministerpräsidenten akzeptieren lernen, die Reformen mit Landtags-Wiederwahl-Garantie wollen oder aus purer Geltungssucht alles zerreden. Das müsste auch Angela Merkel begreifen und mehr Risiko eingehen. Es gibt jetzt ein Zeitfenster bis zu den nächsten wichtigen Landtagswahlen 2008. Jetzt, nicht morgen und nicht übermorgen, besteht für die große Koalition die letzte Chance, sich doch noch zu besinnen. Aber wahrscheinlich jubelt die SPD gerade hämisch über die neuesten Zahlen der Union, und wahrscheinlich stoßen etliche Unions-Ministerpräsidenten schon in Gedanken an auf Angela Merkels Abgang. Die Unfähigkeit der großen Volksparteien, sich wenigstens für ein paar Jahre zusammenzuraufen, vermittelt derzeit tatsächlich den Hauch von Weimar, vor dem Altkanzler Helmut Schmidt jüngst warnte. nachrichten.red@volksfreund.de

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