Die Protestpartei

Erfahrene ostdeutsche Sozialdemokraten haben es schon länger befürchtet: Angesichts der allgemeinen Empörung über die sozialen Einschnitte durch die "Agenda 2010” war die Wiederkehr der PDS eigentlich nur noch ein Frage der Zeit.

Der Bisky-Truppe ist es trotz mangelnder bundespolitischer Präsenz gelungen, die Protestwähler in den neuen Ländern einzusammeln. Dabei hat ihr nicht nur die dürftige Wahlbeteiligung das Geschäft erleichtert. Wer wie SPD-Wirtschaftsminister Clement wenige Tage vor dem Thüringen-Votum eine Debatte über die Kürzung der Ost-Investitionen anzettelt, braucht sich über das Echo nicht zu wundern. Dass die PDS auch nur mit Wasser kocht, zeigen ihre geschrumpften Europa-Ergebnisse in den rot-rot regierten Ländern. In Berlin und Schwerin nimmt der Wähler die Linkssozialisten genau so für Kürzungen und Haushaltszwänge in Haftung wie die SPD. Insofern war es ein großer Fehler, dass Christoph Matschie, der Thüringer Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, ein Zusammengehen mit der PDS kategorisch ausgeschlossen hatte. Eine solche Unvereinbarkeitserklärung trug bereits vor fünf Jahren zum Wahldebakel der sächsischen SPD bei. Damals landeten die Sozialdemokraten bei 10,7 Prozent, während die Linkssozialisten mehr als das Doppelte verbuchen konnten. Für die weitere Zukunft darf sich die PDS zu Recht Hoffnungen machen. Die Wahl im September in Brandenburg könnte den Aufwärtstrend bestätigen. Das große Ziel der Linkssozialisten bleibt freilich der Wiedereinzug in den Bundestag. Wenn die Bundesregierung im ostdeutschen Empfinden die neuen Länder weiter so stiefmütterlich behandelt, dann ist dieses Ziel nicht zu hoch gesteckt. nachrichten.red@volksfreund.de

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