Die Reaktion der Basis steht noch aus

Nach zwei langwierigen Treffen in der vergangenen Woche kam der Durchbruch gestern früh bei einer Telefonkonferenz: Im innerparteilichen Streit um die Bahnprivatisierung hat sich die eigens eingerichtete SPD-Arbeitsgruppe auf ein Volksaktienmodell mit stimmrechtslosen Vorzugsaktien geeinigt.

Berlin. Am Freitagmorgen akzeptierte ein Vertreter von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) das Modell - per Enthaltung. Die Parteispitze wird nun am Montag über den Vorschlag beraten und will dann Ende Oktober auf dem SPD-Parteitag über einen entsprechenden Initiativ-Antrag abstimmen lassen. Die Gefolgschaft der Basis ist aber noch längst nicht sicher. Dem Beschlusspapier zufolge will die SPD privaten Einfluss auf die Unternehmenspolitik der Bahn durch stimmrechtslose Vorzugsaktien ausschließen. Sie sollen zunächst in einer Höhe von mindestens 25,1 Prozent ausgegeben werden. Über eine weitere Beteiligung privater Investoren soll der Gesetzgeber nach einer Evaluierung entscheiden. Dadurch hofft die SPD, den Allgemeinwohlauftrag der Bahn zu erhalten. Das SPD-geführte Bundesfinanzministerium habe dies letztendlich akzeptiert, hieß es gestern. Trotz des Vorbehaltes, dass eine Vorzugsaktie eine geringere Kapitalisierung bringe. Die Entlastung des Bundeshaushalts fällt dadurch geringer aus als bisher veranschlagt. "Es darf keine Zerschlagung der Bahn geben", heißt es in dem Antrag der Arbeitsgruppe. "Wir müssen jetzt sehen, wie sich der Koalitionspartner Union verhält", so Arbeitsgruppen-Mitglied Peter Friedrich zu unserer Zeitung. "Die SPD hat jetzt jedenfalls eine Position, mit der sie sehr gut dasteht." Überdies habe man in dem Vorschlag viel von dem aufgenommen, was die Länder gefordert hätten. Sie stehen der Teilprivatisierung der Bahn überaus kritisch gegenüber. So soll eine stärkere Belastung ihrer Haushalte durch eventuell höhere Trassenpreise vom Bund finanziell kompensiert werden. Damit trägt die SPD der Angst vor Streckensschließung und dem Rückzug der Bahn aus der Fläche nach einer Teilprivatisierung Rechnung. Mit dem Vorschlag der Arbeitsgruppe reagiert die SPD-Spitze auf die große Skepsis in den eigenen Reihen gegenüber den Privatisierungsplänen von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Vor allem Kritiker vom linken Parteiflügel haben das Modell der "Volksaktie" zur Bedingung für ihre Zustimmung zur Privatisierung gemacht. Gegen den Vorschlag gibt es aber ebenso verbreitete Bedenken, da Vorzugsaktien ohne Stimmrecht kaum attraktiv für Investoren sind. Ohnehin wird auf dem Parteitag in Hamburg über die Grundsatzfrage der Teilprivatisierung der Bahn ein heftiger Streit erwartet. Eine Mehrheit für den Antrag gilt nicht als sicher. Manch einer glaubt sogar, das Thema könnte als Ventil genutzt werden, den Frust über die Lage der Partei abzulassen. Leidtragender wäre dann vor allem einer: Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee.

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