Die Stasi lässt grüßen

Lassen Sie etwa Ihren Hausverwalter in die Wohnung? Oder den Schornsteinfeger aufs Dach? Oder sind Sie etwa auch noch schusselig, sperren sich manchmal aus und rufen dann einen Schlüsseldienst? Um Himmels willen!

Tun sie das nie wieder! Denn vielleicht handelt es sich gar nicht um den netten Hauswirt, den glücksbringenden schwarzen Mann oder den harmlosen, freundlichen Herrn, der problemlos Schlösser knacken kann. Vielleicht sind das ja die Hilfstruppen des Bundesnachrichtendienstes, des Landeskriminalamtes oder anderer Behörden, in deren Visier Sie geraten sind. Einfach nur Schornsteinfeger, das war einmal, wenn es nach dem Willen einiger Landes-Justizminister geht. Denn künftig sollen besagte Berufsgruppen den Profis dabei helfen, Wohnungen zu verwanzen, in Privatsphären zu schnüffeln und das organisierte Verbrechen zu bekämpfen. Alles halbherziger Käse. Wenn schon, denn schon. Warum sollen eigentlich nur Hausverwalter, Schlüsseldienste und Schornsteinfeger als Hilfstruppen für die Berufslauscher arbeiten? Warum nicht auch Putzfrauen, Klempner oder Fernsehtechniker? Ganze Heerscharen von nebenberuflichen Spitzeln könnten künftig dafür sorgen, dass die Staatsmacht genau darüber im Bilde ist, was Meyer und Müller, Schulzes und Schmitzens hinter den Wohnzimmergardinen treiben. Endlich einmal besinnt sich die kapitalistische BRD der sozialistischen Errungenschaften der DDR. War nämlich nicht alles schlecht, damals vor der Wende. Schließlich bespitzelte in Deutschlands undemokratischer Republik die eine Bevölkerungshälfte permanent die andere. Ein ganzes Ministerium tat nichts anderes, als all die Informationen auszuwerten. Bis man schließlich genau wusste, was das Volk dachte, was es aß, was es mochte, wie und wie oft es liebte und wann es Blähungen hatte oder unter Verstopfunglitt. Den Untergang des Sozialismus und den Fall der Mauer hat all dieses Wissen zwar nicht verhindern können, aber über Jahrzehnte Heerscharen von Menschen in Lohn und Brot gebracht und gehalten. Das könnte doch auch bei uns funktionieren. Schließlich schicken Bundespost, Bundeswehr und Bundesbahn Jahr für Jahr Zehntausende in Rente, die noch voll im Saft stehen. Sie alle könnten doch in einem Schnellkurs zu Hausverwaltern, Schornsteinfegern, Schlüsseldienst-Mitarbeitern oder Putzfrauen umgeschult werden. Und so noch einen wertvollen Beitrag zur flächendeckenden Verwanzung leisten, statt die Renten- und Pensionskassen bis ins Jahr 3010 zu ruinieren. Und außerdem: Erich Mielke hätte das sicher auch gefallen. d.schwickerath@volksfreund.de

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