Die Stunde der Heuchler

Eigentlich könnten der Union die Sparpläne von Finanzminister Hans Eichel egal sein. Denn nach ihren offiziellen Beteuerungen hat sie den Wahlsieg ja ohnehin in der Tasche.

Eigentlich könnten der Union die Sparpläne von Finanzminister Hans Eichel egal sein. Denn nach ihren offiziellen Beteuerungen hat sie den Wahlsieg ja ohnehin in der Tasche. In Wahrheit bleibt für Merkel & Co. ein Restrisiko, das sich durch die unbekümmerte Art ihres Finanz-Gurus Paul Kirchhof bedrohlich verschärft hat. Der Mann will unser Steuersystem bekanntlich radikal umkrempeln, er hat dafür genau 418 Streich-Ideen, sagt aber nicht, welche. Und just auf dem Höhepunkt dieser für die Union äußerst unangenehmen Debatte taucht eine Giftliste aus dem Finanzministerium auf. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Denn nun können die C-Parteien kräftig gegen die "Lügen" der Genossen holzen. Frei nach dem Motto: CDU und CSU sind eben doch die besten Sozialstaatsparteien. So viel Heuchelei in einem zu Ende gehenden Wahlkampf war selten. Wer sich den zerrütteten Bundeshaushalt vor Augen führt, der muss erkennen, dass Einschnitte unvermeidlich sind. Doch weder Union noch SPD geben darauf in ihren Wahlprogrammen eine schlüssige Antwort. Dabei hat Hans Eichel das zusätzliche Defizit ab 2007 schon vor zwei Monaten auf wenigstens 25 Milliarden Euro taxiert. Vor diesem Hintergrund ist es auch keineswegs ungewöhnlich, wenn sich die Arbeitsebene seines Hauses über die Schließung der Lücke Gedanken macht. Was davon politisch übrig bleibt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Die Union verkauft also einen ganz normalen Vorgang als Skandal. Das hat nichts mit Sachkenntnis, aber alles mit Wahlkampf zu tun. Die künstliche Aufgeregtheit darüber wird sich spätestes am Sonntag um 18,01 Uhr gelegt haben. nachrichten.red@volksfreund.de

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