Die Westerwelle-Partei

Die FDP ist Guido Westerwelle, nach nur sechs Jahren unter seiner Führung. Von keiner Partei in Deutschland kann man sagen, dass sie so sehr von einer Person dominiert wird. Ausgerechnet die Freigeister.

Westerwelle wurde gestern grandios wiedergewählt, seine krude These, nach der Deutschland mitten in einem Linksruck steckt, frenetisch gefeiert. Die FDP hat sich Westerwelle ergeben, weil sie sich auf ihn als jenen Heilsbringer verständigt hat, der sie 2009 zurückbringen soll an die Macht. Bis dahin darf Westerwelle. Als Krise herrschte in Deutschland, machte er auf Spaßpartei mit Guidomobil und Projekt 18. Jetzt, im Aufschwung, gibt er den Spaßverderber und beschwört den ökonomischen Niedergang. Die Partei schaut ihm zu wie ein Züchter seinem jungen Rennpferd, dessen Eskapaden ihn genauso erfreuen wie jedes Zeichen der langsamen Reifung. Westerwelle hat ein Team um sich geschart, Koch-Mehrin, Niebel, Pinkwart, Homburger, Pieper, das ihm ähnelt. Die Partei wirkt an der Spitze wie ein modernes Start-up-Unternehmen. Flott, eloquent, aber auch kulturell recht eindimensional. Typen wie Brüderle, Querdenker wie Baum, Traditionalisten wie Solms oder Gerhardt spielen nur noch Nebenrollen. Auch inhaltlich hat die FDP unter Westerwelle Vielfalt eingebüßt. Immer mehr trimmt er sie in Richtung radikaler Reformen. Auf dem Programm des Parteitages in Stuttgart steht die weitere Lockerung des Kündigungsschutzes und, unter dem Tarnnamen Eigenverantwortung, die Privatisierung der Sozialsysteme Rente, Gesundheit und Pflege. Immer stärker bindet er die Partei so an die Perspektive einer Koalition mit der Union, denn mit den Grünen wird sein Programm nicht gehen, in einer Ampelkoalition zusammen mit den Sozialdemokraten erst recht nicht. Westerwelle persönlich hat diese Alternative zur großen Koalition schon 2005 verhindert und wird sie auch 2009 verhindern. Westerwelle beklagt allen Ernstes einen Linksrutsch der CDU, er macht allen Ernstes die Alt-68er für die Mängel in Deutschland verantwortlich, er glaubt allen Ernstes, die FDP repräsentiere als Einzige die Mitte des Landes, und er ist überzeugt, dass es beim nächsten Mal für CDU und FDP zusammen reicht, dass also eine Mehrheit der Deutschen seine radikalen Reformen will.

Westerwelle ist seit Stuttgart auf dem Zenit seiner Macht in der FDP. Der eine oder andere in seiner Partei sollte ihn darauf aufmerksam machen, dass Höhenluft dünn ist und leicht zu Halluzinationen führen kann.

 Werner Kolhoff.

Werner Kolhoff.

Foto: Iris Maurer
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