Die Zeit läuft für China

Italien, Spanien und Frankreich sollten sich nicht all zu sehr über die Einigung im Textilstreit freuen, die sie mit ihrer Sturheit der EU-Kommission und den Chinesen abgetrotzt haben. Es wird in Zukunft nicht mehr viele solcher Kompromisse geben.

Italien, Spanien und Frankreich sollten sich nicht all zu sehr über die Einigung im Textilstreit freuen, die sie mit ihrer Sturheit der EU-Kommission und den Chinesen abgetrotzt haben. Es wird in Zukunft nicht mehr viele solcher Kompromisse geben.Das Problem ist, dass die EU die Geister, die sie jetzt nicht mehr los wird, selbst gerufen hat. Niemand führt lautstärkere Kreuzzüge gegen Protektionismus und Handelsbeschränkungen als Brüssel - man denke nur an den "Stahlkrieg" mit den USA im Jahr 2002. Niemand klagt nach innen und außen rigoroser einen freien Markt ein als die EU-Wettbewerbshüter. Und dann, wenn es ernst wird und einzelnen Mitgliedsstaaten unliebsame Konsequenzen drohen, fährt man die Barrieren zur Außenwelt plötzlich wieder hoch.

Der Beitritt der Chinesen zur Welthandelsorganisation WTO, der Wegfall der alten Quotenregelungen: Das waren erwünschte und von den Europäern stets geförderte Schritte. Gerade auch mit begehrlichem Blick auf den Absatzmarkt China. Nun, da die Chinesen ihrerseits als Handelsriese auf den europäischen Markt drängen, übt sich Europa in Blockade-Politik. Und das, obwohl beispielsweise auf dem Textilmarkt eine zehnjährige Übergangsfrist bestand, die zu Jahresbeginn ausgelaufen ist. Bei Textilien sind es die Süd-Staaten, bei Schuhen, Fahrrädern oder Autos werden es andere sein, die in Europa für Quotenregelungen kämpfen.

Aber wer zuhause die Schotten dicht macht, kann nicht gleichzeitig in China von freiem Markt säuseln. Die nächsten europäischen Staatschefs, die hoffnungsvoll in Peking anklopfen, werden den Widerhall des Textilkonflikts zu hören bekommen.

Und weil die Chinesen ein viel zu verlockender künftiger Geschäftspartner sind, wird die Lust an guten Exporten ins Reich der Mitte letztlich schwerer wiegen als das Bedürfnis, den eigenen Herd vor Konkurrenz zu schützen. Die Chinesen wissen, dass die Zeit für sie läuft.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort