Die vergessene Krise

Das Thema Irak hat in denletzten Wochen die - zumindest verbale - Zuspitzung derNordkorea-Krise überlagert. Jetzt drohen die Stalinisten inPjöngjang bereits mit der Aufkündigung desWaffenstillstandsabkommens, das 1953 den Korea-Krieg beendete.Dazu werden Pläne publik, die Zahl der Atomkraftwerke im Landdrastisch zu erhöhen. Die UN-Inspektoren sind längst aus dem Landgeworfen worden. Wie sollte die Welt, wie sollte Washington aufdieses sich wöchentlich steigernde Affront-Potenzial reagieren? Bemerkenswert ist zunächst, dass jene Nationen wie China oder Russland, die in Sachen Irak auf ein multilaterales Vorgehen beharren, bei der Nordkorea-Frage den Schwarzen Peter zur Konfliktlösung in die Hände Washingtons gelegt haben. Zwar wurde der UN-Sicherheitsrat jetzt offiziell mit dem Thema beauftragt, doch das Desinteresse der meisten dort vertretenen Staaten ist deutlich spürbar.

Ein kluger Schritt Washingtons würde deshalb sein, nicht in das Säbelrasseln einzufallen, sondern die noch in Südkorea stationierten US-Truppen sofort abzuziehen, um Nordkorea keinen Grund für weitere wilde Drohgebärden zu geben und sich nicht erpressbar zu machen. Einher gehen könnte diese Maßnahme mit der Aufforderung an China, Russland und Südkorea, mit einem stärkeren Eigenengagement in der Krise endlich die Hausaufgaben gegenüber dem renitenten Nachbarn zu erledigen. Das wäre die richtige Antwort auch gegenüber dem südkoreanischen Präsidenten Kim Dae Jung, der sich den "Friedensgipfel" mit dem Norden im Jahr 2000 durch - wie jetzt bekannt wurde - ein Geschenk von 500 Millionen Dollar des Autoproduzenten Hyundai an Pjöngjang erkauft und auf diesem Weg auch den Friedensnobelpreis gesichert hatte. Kim Dae Jung könnte nun, nach einem Rückzug der ohnehin im Land verhassten US-Soldaten, endlich unter Beweis stellen, dass er zu mehr fähig ist als lediglich gegenüber Diktatoren Überweisungen zu veranlassen.

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