Ein Mann will nach oben

Lange Zeit sah es so aus, als würde der bevorstehende Bundesparteitag der SPD in einem chaotischen Richtungsstreit versinken. Mit dem gestrigen Vorstandsbeschluss sind diese Befürchtungen gegenstandslos geworden.

Kurt Beck hat sich auf ganzer Line durchgesetzt. Der Beschluss zur Verlängerung des Arbeitslosengelds I ist gewissermaßen die Chiffre dafür, dass es bei den Genossen wieder kräftig menscheln soll, nachdem der Reformeifer die Partei in eine tiefe Sinnkrise gestürzt hatte.Doch nicht nur den Richtungskampf hat Beck für sich entschieden. Er ist jetzt ununumstritten der Chef im Ring seiner Partei und damit eindeutig der Gegenspieler Angela Merkels. Auch bei der Wahl 2009. Als Vorsitzender hatte er zwar ohnehin schon das erste Zugriffsrecht auf die Kanzlerkandidatur. Bis vor kurzem durfte man sich aber nicht sicher sein, ob der Pfälzer jemals davon Gebrauch machen würde. Zu groß waren die Zweifel an seinem Führungsstil. Und das Unbehagen, der Mann aus der Provinz sei den harten politischen Bandagen in der Hauptstadt nicht gewachsen, war förmlich mit Händen zu greifen. Er selbst hatte diese Zweifel wohl auch.Das alles ist nun wie weggeblasen. Wer sich sogar mit der SPD-Ikone Franz Müntefering anlegt und am Ende als innerparteilicher Sieger dasteht, der will nicht nur eine kleine Episode im sozialdemokratischen Politikbetrieb sein. Dem geht es letztlich darum, die Kanzlerin aus der Union persönlich herauszufordern. Diese Konstellation dürfte fortan auch den Regierungsalltag bestimmen. Beck selbst hat es mit entwaffnender Offenheit angekündigt: "In Berlin kann man sich leider nicht drauf verlassen, dass ruhiges Mitregieren Ertrag bringt." Auch das zeugt von Machtinstinkt. Beck, so viel ist klar, will ganz nach oben. Nicht nur in der SPD. nachrichten.red@volksfreund.de

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