Ein Risiko bleibt

Die Entscheidung des Rats der EU-Umweltminister, nationale Sonderwege bei der Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen weiter zu erlauben, zeigt die ganze Ambivalenz der Gentechnik-Debatte in Europa.

Die Entscheidung des Rats der EU-Umweltminister, nationale Sonderwege bei der Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen weiter zu erlauben, zeigt die ganze Ambivalenz der Gentechnik-Debatte in Europa. Auf der einen Seite stehen Mitgliedsländer, darunter Deutschland, die den Anbau der von der Brüsseler Kommission zugelassenen Schädlings-resistenten Gen-Mais-Sorte bt176 verboten haben. Sie verweisen unter anderem auf ein Gen dieser Pflanze, das eine Antibiotika-Resistenz trägt. Außerdem stehe bt176 unter Verdacht, auch auf andere, nicht schädliche Insekten zu wirken. In anderen Mitgliedsländern und vor allem in der krisengeschüttelten Landwirtschaft ruhen dagegen große Hoffnungen auf gen-veränderten Pflanzen. Und viele Experten halten die mit bt176 verbundenen Risiken für unerheblich und damit vertretbar. Was tun? Als guter Rat galt stets, im Zweifel die sichere Seite zu wählen. Doch das war einmal. Im Zeitalter der Globalisierung ist bei solchen Entscheidungen niemand mehr sein eigener Herr. Die USA, Kanada und Argentinien haben die Europäische Union wegen ihrer Gentechnik-Politik vor der Welthandelsorganisation (WTO) verklagt. Begründung: Die EU verstoße mit ihren restriktiven Regelungen gegen internationale Handelsregeln und stütze ihre Verbote nicht auf wissenschaftlich gesicherte Daten. Der internationale Druck auf die EU-Kommissare ist groß, sie fürchten eine Schwächung ihrer Position bei den WTO-Verhandlungen. Auch die Entscheidungsfreiheit der Bürger ist begrenzt: Angesichts globaler Lebensmittelkreisläufe kann sich niemand 100-prozentig vor eventuell gefährlichen Gen-Spuren im Essen schützen. Man mag begrüßen, dass die Umweltminister beim Thema Gentechnik darauf beharren, das letzte Wort zu sprechen und die nationale Sonderregelungen gegen die Kommission verteidigt zu haben. Doch diese so genannten Schutzbestimmungen können nur Schadensbegrenzung leisten. Ein Risiko bleibt. i.kreutz@volksfreund.de

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