Ein Überzeugungstäter

Sommerreisen von Politikern sind ja eigentlich nichts besonderes mehr. Für die gestern zu Ende gegangene Tour von Bundespräsident Johannes Rau gilt das nicht. Anders als manch anderer im politischen Geschäft ist das Staatsoberhaupt nämlich nicht zur profanen, eigenen Inszenierung durch deutsche Landen gereist, um mal hier oder mal dort telegen Hände von überraschten Urlaubern zu schütteln. Es war auch keine Abschieds- oder Bewerbungsreise für eine zweite Amtszeit, wie manch einer in die viertägige Fahrthinein zu interpretieren versuchte. Nein, Rau ist ein Überzeugungstäter. Er gehört zu denwenigen Politikern in Spitzenämtern, die das schnell im Mundgeführte Motto "Menschen gewinnen" auch tatsächlich so meinen. Durch Reden und Zuhören - das ist zweifellos seine Stärke. Keine bessere Zielgruppe hätte sich der Bundespräsident daher für seine Reise aussuchen können als Jugendliche. Von ihnen ist nun mal bekannt, dass Politik sie ganz besonders abstößt. Die Erkenntnisse, die Rau bei den Treffen jedoch gewonnen haben dürfte, werden ihn nicht sonderlich überraschen. Das gilt für die extreme Parteienverdrossenheit genauso wie für die alltäglichen Sorgen und Nöte der jungen Generation. Der Bundespräsident kann sich dem nur durch Appelle, Relativierungen und Zuversicht entgegen stellen - das hat Rau auf seine Art und Weise geschickt gemacht. Die Botschaft, die er damit indirekt verbunden hat, ist bei vielen seiner Gesprächspartner jedenfalls angekommen: Seht her, es gibt Politiker, die interessieren sich und nehmen euch ernst. Ein Signal, das für Jugendliche wichtiger sein kann, als man glaubt. nachrichten.red@volksfreund.de

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