Ein schwieriger Partner

Den Krieg haben die USA und ihre Verbündeten unerwartet schnell gewonnen, den Frieden im Irak allerdings noch lange nicht. Das alte System ist beseitigt, ein neues allenfalls in den Köpfen der Planer in Ansätzen vorhanden.

Plünderungen, Chaos und Anarchie sind typische Begleiterscheinungen, wenn starre, totalitäre Systeme abrupt wegbrechen und ein Machtvakuum entsteht. Das zu füllen wird in den nächsten Wochen und Monaten massive Anstrengungen erfordern, vor allem von den Vereinigten Staaten. Und die lassen nun wirklich keinen Zweifel daran, wer die Nummer eins am arabischen Golf ist. Die Europäer sollten sich über diese selbstbewussten Muskelspiele nicht wundern, schließlich hat Amerika mit einer Hand voll Verbündeter diesen Krieg fast gegen die geschlossene Front der Weltgemeinschaft geführt und in erstaunlich kurzer Zeit gewonnen. Jetzt will Washington politisch, wirtschaftlich und militärisch ernten, wofür seine Soldaten geblutet haben. Zumal zwei Dinge objektiv betrachtet feststehen: Die Amerikaner haben erkennbar versucht, die Zahl der zivilen Opfer so niedrig wie möglich zu halten. Und: Fast alle Gegner dieses Krieges spüren eine erhebliche Erleichterung, dass Saddam Hussein endlich Geschichte ist. Dennoch haben die Kritiker weiterhin allen Grund, skeptisch auf die einzige Supermacht der Welt zu blicken. Da sind einmal die unverhohlenen Drohungen in Richtung Syrien und Iran. Was wollen die Falken im Pentagon wirklich? Demokratie für alle Staaten im Nahen und Mittleren Osten? Wohl kaum, sonst müsste der Feldzug gegen die ebenso korrupten wie skrupellosen Scheichs in Saudi-Arabien längst begonnen haben. Die aber zählen ebenso wie andere totalitäre Staaten zu Amerikas Verbündeten, brauchen folglich auch keine Koalition der Willigen zu fürchten, zumal deren Truppen von just diesen Ländern aus am Golf operieren. Demokratie ist dabei also so ziemlich das Letzte, was Amerika interessiert. Angst macht vielen Menschen vor allem in Europa zurzeit eine ganz andere Tatsache, die Unberechenbarkeit der USA. Wer hat eigentlich in Washington das Sagen? Der undiplomatische Poltersack im Pentagon, Donald Rumsfeld, der sichtlich um Ausgleich bemühte Außenminister und Ex-General Colin Powell oder aber der außenpolitisch total unerfahrene Präsident George W. Bush? Wann sind die Falken, wann die Tauben am Zug? Wer gibt letztlich den Ton an und bestimmt die Richtung, in die Amerikas Truppen als nächstes marschieren? Fragen, die sich derzeit nicht eindeutig klären lassen, weil insgesamt die Linie fehlt. Und deshalb wird Amerika auf absehbare Zeit ein schwieriger Partner bleiben. Nicht nur in der Frage einer Nachkriegsordnung für den Irak. d.schwickerath@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort