Eindrucksvolle Veranstaltung

Der Saarbrücker Katholikentag war eine eindrucksvolle Veranstaltung. Es gibt in Deutschland zurzeit keine gesellschaftliche Kraft, die ähnlich in der Lage wäre wie die beiden großen Kirchen, Themen zu setzen, Diskurse zu organisieren, Klärungsprozesse zu befördern.

In Zeiten, da die Ökonomisierung alle gesellschaftlichen Prozesse dominiert, wo Markt und Wettbewerb das Gesetz des Handelns bestimmen, ist es wichtig, dass eine starke Institution mit deutlichem Ausrufezeichen darauf hinweist, dass das freie Spiel der Kräfte nicht der alleinige Maßstab menschlichen Handelns sein kann. Die Provokation, das Thema "Gerechtigkeit" zum Leitgedanken zu machen, hat den Teilnehmern, aber auch der ganzen Republik spannende Diskussionen beschert. Man wird sehen, ob sie in Politik und Gesellschaft hineinwirken, oder ob die Präsidenten und Minister, die Funktionäre und Spitzenvertreter, die in Saarbrücken so reichlich vorhanden waren, die Veranstaltung unter dem Motto "Schön, dass wir mal drüber geredet haben" abbuchen. Das gilt übrigens auch für die Kirchenoberen selbst. Weltoffenheit und innerkirchliche Liberalität auf der Kirchenmeile zu demonstrieren, ist leichter als sie nachher auch im Alltag zu praktizieren. Unübersehbar ist auch, dass der Katholikentag ein Treffen der Aktivisten, Engagierten und Überzeugten geworden ist, aber längst nicht mehr der attraktive Anziehungspunkt für ein weites Umfeld. Es gab schon Abschlussgottesdienste in größeren Stadien, bei denen sich die Menschen dichter drängten als im Ludwigspark. Die begeisterten Massen, den Happening-Charakter des Weltjugendtreffens suchte man vergebens - und das lag nicht nur am Wetter. Es war halt kein Benedetto-Superstar zum Bejubeln da, mehr anspruchsvolle Denkarbeit gefordert als wohliges Feeling. Da muss die katholische Kirche aufpassen, dass sie sich mit gigantischen Pop-Spektakeln nicht selbst die Preise verdirbt und langfristig solche unverzichtbaren Foren wie den Katholikentag gefährdet. d.lintz@volksfreund.de

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