Eine Frechheit

Statt sie hinterm Schalter oder als Briefträger einzusetzen, schickt die Post zahlreiche ihrer Beamten lieber spazieren. Sie dürfen mit 40 oder 45 in Pension gehen. Ein Skandal. Keine Frage: Rein betriebswirtschaftlich ist der Stellenabbau bei den Staatsunternehmen Post und Telekom zu verstehen. Jahrelang wurde ein Wasserkopf vor allem in der Verwaltung aufgebaut. Erst mit der Privatisierung und der Freigabe der Märkte wurde endlich mal aufgeräumt. Mehrfach besetzte Stellen wurden gestrichen, ältere Arbeitnehmer in Frühpension geschickt. Bis dahin ist die Personalpolitik bei Post und Telekom noch nachzuvollziehen. Nur ein schlankes Unternehmen überlebt am Markt. Doch die Post muss als börsennotiertes, weltweit tätiges Unternehmen auch den Anlegern was bieten. Sie wollen Gewinne. Nachdem bereits die Portoerhöhung auf EU-Druck zurückgenommen werden musste, muss die Post radikal die Kosten senken. Alles was teuer ist, kommt auf den Prüfstand. Briefkästen, Filialen und eben das Personal. Da offenbar das Potenzial der vom Alter her noch vertretbaren und nachvollziehbaren Frühpensionäre ausgeschöpft ist, müssen die überflüssigen Stellen auf andere Art und Weise "sozialverträglich" abgebaut werden. Da betriebsbedingte Kündigungen bis nächstes Jahr nicht möglich sind, schickt man eben kurzerhand die jungen, motivierten Mitarbeiter in Ruhestand. Erst 40? Egal. Es ist für das Unternehmen allemal billiger, einen bislang tadellos arbeitenden und gesunden Beamten in Pension zu schicken, als ihn bis zum regulären Ende seiner Dienstzeit durchzufüttern. Geht er nicht freiwillig, werden ihm eben bislang unbekannte oder zumindest nicht für Dienstunfähigkeit ausreichende Krankheiten wie Antriebs- oder Schlafstörungen oder Grübelzwang attestiert. Post und Telekom entsorgen auf diese Weise Jahr für Jahr 10 000 Mitarbeiter. Auf Kosten der Steuerzahler. Eine Frechheit. b.wientjes@volksfreund.de

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