Eine SPD ohne "S"

Jeden Monat einen Reform. Mit dieser Maxime wollte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement die Nation in Atem halten. Gemessen an seinen Ankündigungen ist das durchaus gelungen. Beinah täglich werden die Bürger mit drohenden Einschnitten verschreckt.

Doch spätestens beim Kleingedruckten zeigt sich, dass die Sozialsysteme nicht im Hau-Ruck-Verfahren zu reformieren sind. Versicherte genießen Vertrauensschutz. Deshalb kann auch das Arbeitslosengeld nicht einfach über Nacht zusammengestrichen werden. Der Kanzler hat diesen Umstand sträflich unterschätzt. Nur so konnte es dazu kommen, dass Gerhard Schröder in seiner Regierungserklärung die Verkürzung der Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld mit der Senkung der Lohnnebenkosten verwurstelte. Tatsächlich tendieren die Einsparungen bei der Arbeitslosenversicherung in den kommenden Jahren gegen Null, denn die Beitragszahler haben erst einmal Anspruch auf die alte Regelung. Damit ist auch die Senkung der Lohnnebenkosten einen Luftnummer. Hätte Schröder von Anfang an eine korrekte Darstellung bevorzugt, wäre ihm mancher Ärger in den eigenen Reihen erspart geblieben. Viele Genossen machen gegen die Kanzler-Pläne Front, weil sie eine soziale Schieflage befürchten. Gerade die Übergangsfristen beim Arbeitslosengeld sind jedoch ein Ausdruck der sozialen Balance, auf die der Kanzler angeblich so viel Wert legt. Doch mittlerweile zweifelt daran selbst die Union. Verkehrte Welt: Man stelle sich nur vor, die Genossen beschließen eine Reform, die von der CDU wegen sozialer Grausamkeit im Bundesrat zu Fall gebracht wird - die SPD müsste das "S" in ihrem Namen streichen. nachrichten.red@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort