Eine Säule der Unions-Politik wackelt

BERLIN. (vet) Schon die Einführung des Elterngeldes hat am traditionellen Familienbild der Union gerüttelt. Nun bahnt sich eine Revolution an: Nach den Vorstößen einiger CDU-Hinterbänkler für eine Reform des Ehegattensplittings blies Partei-Generalsekretär Ronald Pofalla gestern ins selbe Horn.

Er sei persönlich der Auffassung, dass die CDU die Förderung von Familien in den Mittelpunkt ihrer Politik stellen müsse, sagte Pofalla. "Deshalb trete ich dafür ein, das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting zu erweitern." Pofalla zählt zu den engsten Vertrauten von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Im Unionsprogramm zur Bundestagswahl hieß es noch klipp und klar, das Ehegattensplitting "bleibt erhalten". Nach dem Grundgesetz steht die Ehe nämlich unter dem "besonderen Schutze der staatlichen Ordnung". Gleiches gilt allerdings auch für die Familie. Für Pofalla hat der Gesetzgeber daher einen "Ermessensspielraum, wie er im Detail die Ehe, und wie er die Familie steuerlich fördert". Kritiker sehen im Ehegattensplitting eine Begünstigung der Hausfrauenehe. In der Tat ist der steuerliche Vorteil dann am größten, wenn ein Partner sehr viel und der andere Partner wenig oder gar nichts verdient. Beim Ehegattensplitting wird das Einkommen der Eheleute zusammengerechnet und so besteuert, als wäre es zu gleichen Teilen verdient worden. Das führt im Allgemeinen zu einer geringeren fiskalischen Belastung, als wenn beide Eheleute jeweils ihren tatsächlichen Verdienst versteuern müssten. Beim Familiensplitting würde das Einkommen nicht nur durch zwei geteilt, sondern zusätzlich durch die Anzahl der Kinder. So praktiziert zum Beispiel unser Nachbarland Frankreich ein Splittingverfahren, das für eine Familie mit zwei Kindern die Teilungszahl Drei vorsieht. Bei einem Ehepaar mit drei Kindern wird das Einkommen durch vier dividiert und die jeweils zu zahlende Steuer addiert. Die Gegner solcher Verfahren warnen allerdings vor einer sozialpolitischen Schieflage. "Der Steuervorteil bei hohen Einkommen würde sich gegenüber dem Ehegattensplitting noch verstärken, während untere Einkommensschichten kaum etwas davon haben, weil sie nur geringe Steuern zahlen", kritisierte die Finanzexpertin der Grünen, Christine Scheel.

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