Eine heikle Angelegenheit

Die Stationierung von Teilen des amerikanischen Raketenabwehrsystems in Polen und Tschechien ist eine heikle Angelegenheit. Aber kann das ein Grund sein, gegenüber den Freunden aus Washington zu schweigen?

Die deutsche Bundeskanzlerin ist derzeit auch EU-Präsidentin und wäre daher doppelt verpflichtet, den Amerikanern Einhalt zu gebieten. Denn das Vorgehen der Bush-Regierung, die direkt mit den beiden osteuropäischen Ländern die Stationierung vereinbarte, ohne die Nato-Partner zu fragen und ohne die EU einzubeziehen, fügt der Gemeinschaft schweren Schaden zu. Russland droht bereits mit einem neuen Rüstungswettlauf. Die gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik wird ausgehöhlt. Und das Ziel der guten Nachbarschaft und der wirtschaftlichen Kooperation mit Moskau wird torpediert. Das alles unter dem Vorwand, sich und Europa gegen iranische Nuklear-Raketen schützen zu wollen. Das Argument stimmt schon mit einem Blick auf die Landkarte nicht, denn solche Feindraketen müssen in der Startphase unschädlich gemacht werden. Die Abwehr müsste also im Mittelmeerraum stehen. Nein, den USA geht es ebenso wie Polen und Tschechien mindestens auch um Russland. Vielleicht ist es Merkels Methode, abzuwarten, wie sich der Wind dreht. Dann sollte sie zur Kenntnis nehmen, dass inzwischen der SPD-Außenminister, der FDP-Chef, die Grünen und die Linkspartei höchste Besorgnis geäußert haben, ebenso einzelne CDU-Abgeordnete. Da könnte sich auch die Trägerin der Richtlinienkompetenz der Bundesregierung allmählich vorwagen. nachrichten.red@volksfreund.de

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