Eine schlimme Zahl

Wer ehrlich ist, muss zugeben, dass ihn die monatlich vorgetragene Hiobsbotschaft aus Nürnberg nur noch bedingt erschreckt: Die Macht der Gewohnheit hat uns abgestumpft. Seit Jahrzehnten kämpfen Politik und Gesellschaft gegen die Massenarbeitslosigkeit, die sich als ungemein zähe Hydra entpuppt hat, der man noch so viele Köpfe abschlagen kann.

Schon der Weltökonom Helmut Schmidt hatte kein Rezept dagegen, auch nicht der Wirtschaftskanzler Helmut Kohl. Und ausgerechnet der Genosse Gerhard Schröder soll es schaffen? 4,62 Millionen. Fürwahr eine schlimme Zahl. Sie kommt mit der Wucht einer Schneewalze auf die rot-grüne Bundesregierung zu, und trifft sie im ungünstigsten Moment an ihrer empfindlichsten Stelle. Und niemand weiß, in welchem Ausmaß die Konjunkturkrise durch den drohenden Irak-Krieg noch beeinflusst und verschärft wird. Just in diesem Moment spitzt sich der Richtungsstreit in der SPD zu, will sich der Kanzler an die Spitze der Reformbewegung stellen und scheut sich in seiner Not nicht, heilige Kühe der Sozialdemokratie zu schlachten. Ob es indes klug ist, das Reizthema Kündigungsschutz zum Symbol der neuen Modernitätslinie zu stilisieren, ist zweifelhaft. Die Regierung Kohl, die diesen Schutz schon mal gelockert hat, konnte den Beweis für die Wirksamkeit der Maßnahme jedenfalls nicht erbringen. Gleichwohl ist die Notwendigkeit von Reformen unbestreitbar. Fragt sich bloß, welche - und wer dafür bluten soll, damit die Konjunktur endlich anspringt. nachrichten.red@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort