Eine soziale Frage

In der aktuellen Debatte um die Abgaswerte der Dienstwagen von Abgeordneten und Ministern schwingt Neid mit - und schon Verteilungskampf. Sie ist ein Vorbote auf die sozialen Auseinandersetzungen, die die Energiewende mit sich bringen wird.

Global ist dieser Verteilungskampf schon entbrannt. Die Schwellenländer sehen nicht ein, dass sie leisten sollen, was zum Beispiel der Klimasünder Nummer Eins, die USA, verweigern. Klimaschutz bedeutet Verteuerung schmutziger Energiequellen, und er bedeutet große Investitionen in moderne Technologien. Wer diese Kosten zu tragen hat, ist am Ende eine soziale Frage. Denn nur wenn diese Frage gerecht gelöst wird, wird es Mehrheiten für die notwendigen Maßnahmen geben. Einen Vorgeschmack darauf gab auch die Debatte um die EU-Vorgaben für den Autoverkehr. Wenn, wie nach deutscher Intervention nun beabsichtigt, alle Fahrzeugklassen gleichermaßen ihren Ausstoß absenken sollen, um den Durchschnittswert von 120 Gramm zu erreichen, bedeutet dies in der Konsequenz, dass sich auch Kleinwagen verteuern, obwohl sie schon gute Werte haben. Die PS-starken Modelle aber werden nicht so stark belastet wie ursprünglich geplant war und wie es richtig wäre. Soziale Gerechtigkeit kennt drei Grundsätze: Erstens, dass alle Lasten zu tragen haben, zweitens, dass die Stärkeren mehr schultern müssen, und drittens, dass keiner überfordert wird. Diese Grundsätze lassen sich auf die Energiepolitik übertragen. Ein Tempolimit für alle auf den Autobahnen ist zum Beispiel sozial neutral. Der Gesetzgeber muss solche ordnungspolitischen Möglichkeiten mehr als bisher nutzen. Überall dort aber, wo der Schadstoffausstoß über den Preis gesenkt werden soll, wird man die Politik sorgsam sozial ausbalancieren müssen, um Verwerfungen zu vermeiden. Der Grundsatz der Progression ist hier ein probates Mittel. Man könnte zum Beispiel die Kfz-Besteuerung nach dem CO2-Ausstoß so gestalten, dass Vielverbraucher überproportional mehr zahlen müssen. Ebenso könnte es progressive Tarifstrukturen für den Stromverbrauch und sogar bei der Besteuerung von Heizöl und Gas geben. Ohne einen solchen gerechten Ansatz wird es jedenfalls keinen schnellen Durchbruch in der Klimapolitik geben, nicht lokal, aber auch nicht global. nachrichten.red@volksfreund.de

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