Ernst gemeint

EU-Kommissionspräsident Barroso und der EU-Ratsvorsitzende Juncker haben es in Washington schwarz auf weiß bekommen: Im Weißen Haus sieht man die Krise innerhalb der Europäischen Union nicht mit Häme, sondern Sorge.

EU-Kommissionspräsident Barroso und der EU-Ratsvorsitzende Juncker haben es in Washington schwarz auf weiß bekommen: Im Weißen Haus sieht man die Krise innerhalb der Europäischen Union nicht mit Häme, sondern Sorge. Doch wie glaubwürdig ist diese Position George W. Bushs? Müsste man nicht davon ausgehen, dass angesichts der zahlreichen außen- und wirtschaftspolitischen Differenzen, die sich vom Thema Irak bis in den Luftfahrt-Bereich erstrecken, die US-Regierung eigentlich innerlich über jeden Vorgang jubilieren müsste, der das europäische System schwächt? Wer zu diesem Schluss kommen will, muss zunächst einmal davon ausgehen, dass die USA ein Hegemonialstreben allen anderen Herausforderungen überordnen. Doch gerade das kann sich Bush derzeit überhaupt nicht leisten. Gerade in Sachen Terror-Bekämpfung braucht er weiter die enge Kooperation mit den Europäern, und deshalb ist es für Washington auch besonders schmerzhaft, wenn – wie in Deutschland – unter starken Verdachtsmomenten stehende Al-Kaida-Helfershelfer immer wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Auch für die weitere Entwicklung im Nahen Osten ist eine nicht von eigenen Problemen gefesselte EU für das Weiße Haus von essentieller Bedeutung. Denn angesichts des scheinbaren Durchbruchs im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern wünscht sich Bush weiter die diplomatischen Hilfestellungen, den Druck und natürlich auch die Finanzhilfen aus Brüssel. Ebenso benötigt der Präsident den Druck der Europäer auf "Sorgenstaaten" wie Syrien oder den Iran, deren notorische ideologische wie logistische Unterstützung für Extremisten die Lage im Irak nicht gerade verbessert hat. Gleichzeitig wird der Wunsch nach einem "starken Europa" (O-Ton Bush) auch von der Erwartung getragen, dass eine überzeugende Wirtschafts- und Finanzpolitik der EU die Konjunktur im europäischen Raum belebt und somit auch die Absatzchancen für die US-Produzenten verbessert. Man sieht also deutlich: Die Aufmunterung, die die EU-Spitze in diesen harten Zeiten jetzt in Washington erfahren hat, war mehr als nur ein Lippenbekenntnis. nachrichten.red@volksfreund.de

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