Für die Geschichtsbücher?

Ist der Krieg im Irak für US-Präsident Bush noch zu gewinnen? Die Mehrheit im US-Kongress glaubt - wie übrigens auch die Mehrheit der Bürger - dies nicht. Am Mittwochabend verabschiedete das Repräsentantenhaus ein Gesetz, das einen schnellen Rückzugsbeginn formuliert.

Der Vetostift liegt bereits auf dem Schreibtisch, denn ein "fester Zeitplan nützt nur dem Gegner", so die gängige Argumentation Bushs, und sei ein Kapitulations-Eingeständnis. Vizepräsident Cheney sprach unlängst sogar von "Verrat". Der Präsident verkennt dabei natürlich, dass die Extremisten im Zweistromland und den Nachbarstaaten ganz genau die Debatte in Washington verfolgen - und so bemerkt haben müssen, dass seit den Kongress-Zwischenwahlen ein anderer Wind weht. Sie haben deshalb vermutlich auch registriert, dass Begriffe wie Demokratisierung oder die Schaffung einer Gesellschaft nach westlichem Vorbild als Ziele im Irak von den Kriegs-Planern längst zu den Akten gelegt worden sind. Und sie werden nicht übersehen haben, dass es auch innerhalb der Bush-Partei eine wachsende Fraktion von Politikern gibt, die nun vor allem einen eleganten Einstieg in den Ausstieg finden möchte - und damit im Prinzip auch die Isolation des Präsidenten vorantreibt. Denn innerhalb der Republikaner gewinnt die mit Frustration gepaarte Einschätzung immer mehr Freunde, dass es keine dauerhafte Aufgabe der US-Soldaten sein kann, die internen ethnischen Konflikte und die daraus resultierenden bürgerkriegsähnlichen Zustände zu entschärfen. Bald wird eine erste offene Einschätzung führender Militärs erwartet, ob die "Welle" - also die derzeit praktizierte Erhöhung der US-Militärpräsenz - zu einer wirklichen Verbesserung der Sicherheitslage geführt hat, oder ob hier nur potemkinsche Dörfer errichtet wurden. Die Frage ist allerdings, ob das Weiße Haus überhaupt bereit ist, eine realistische öffentliche Lagebeurteilung der Generäle zuzulassen - oder ob man es sich erneut vorbehält, deren Analysen umzudeuten und dort das Positive zu sehen, wo eigentlich Negatives überwiegt. Immer mehr Republikanern, die vor offener Rebellion noch zurückschrecken, dürfte angesichts der Wahlen im nächsten Jahr und der Antikriegs-Stimmung im Land angst und bange werden. Doch kann dies Bush dazu bringen, doch noch eine fühlbare schnelle Reduzierung der US-Kampftruppen im Irak zu akzeptieren? Wohl kaum. Und weil Parteifreunde des Präsidenten diesem immer noch nicht klipp und klar sagen: Das weitere Vorgehen im Irak darf nicht vom Bemühen dominiert werden, in den Geschichtsbüchern doch noch eine gute Figur zu machen. nachrichten.red@volksfreund .de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort