Falsche Propheten

Der starke Euro spiegelt vor allem eines wieder: die schwache Verfassung der US-Wirtschaft. Die skandalöse Immobilienkrise, einbrechende Konsumlaune und die massive Zinssenkung sind alarmierende Belege dafür, dass die USA mit gravierenden hausgemachten Pro blemen zu kämpfen haben.

Politisch mag die EU sich uneinheitlich und wenig schlagkäftig präsentieren, doch wirtschaftlich steht das "alte Europa" durchaus ordentlich da. Seine stabile Währung ist begehrt - auch bei den Notenbanken Russlands, Chinas und der boomenden Staaten am arabischen Golf, die den Dollar-Anteil an ihren Devisenreserven reduzieren und durch Euro ersetzen. Kurzum: der Euro hat eine erstaunliche Erfolgsgeschichte vorzuweisen.Doch die Skeptiker wollen nicht verstummen. Kurssprünge des Euro rufen regelmäßig Propheten auf den Plan, die vor verheerenden Folgen für die Export-Nation Deutschland warnen. Jeder Anstieg erschwert in der Tat deutsche Ausfuhren in den Dollar-Raum - eine Herausforderung für diejenigen Unternehmen, die ausschließlich oder überwiegend Geschäfte mit Kunden machen, die mit der US-Währung bezahlen. Viel bedeutsamer für die meisten deutschen Unternehmen ist jedoch der Wert der EU-Devise in den wichtigsten Abnehmerländern. Und die liegen - vom Gesamt-Volumen her betrachtet - mehrheitlich innerhalb der Eurozone. In Sachen Export gilt daher: alles halb so wild.

Einen dramatischen Effekt hat der hohe Euro-Kurs allerdings auf den Geldbeutel der Autofahrer: Er hält die Preise an den deutschen Tankstellen zumindest ein wenig in Zaum. Weltweit wird Mineralöl traditionell in Dollar abgerechnet. Mit einem starken Euro bekommen wir den Sprit billiger. Angesichts der aktuellen Rekordpreise für Rohöl mag sich mancher gar nicht vorstellen, welche Zahlen sonst an den Zapfsäulen prangen würden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort