Falsche Rechnung

Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts ist es für einige Länder nur noch eine Frage der Zeit, bis sie ihre neuen Rechte nutzen und Studiengebühren einführen werden. Zu verlockend ist die Aussicht, die leeren Hochschulkassen durch privates statt öffentliches Geld aufzufüllen.

Ohne Zweifel sind die Millionen an den Hochschulen gut angelegt und kommen auch den Studenten größtenteils wieder zugute. Dieser Weg ist dennoch falsch. Der Staat verabschiedet sich mit dem Eintrittsgeld zum Campus aus seiner politischen Verpflichtung, jungen Menschen aus allen sozialen Schichten Bildungschancen zu ermöglichen - auch durch ein gebührenfreies Erststudium. Dies läuft bereits jetzt keineswegs nur auf Kosten des Steuerzahlers. Eltern und viele Studenten, die für den Lebensunterhalt arbeiten müssen, bringen sich Monat für Monat mit Geld ein. Und die Zeiten, in denen nach dem Examen ein bestens dotierter Job den leeren Säckel wieder reich füllte, sind längst passe. Studiengebühren schrecken zudem ab und laufen dem Bemühen zuwider, den ohnehin in Deutschland vergleichsweise niedrigen Anteil an Hochschulabsolventen zu steigern. Doch gerade eine hoch entwickelte Gesellschaft ist auch entscheidend auf hoch qualifizierten Nachwuchs angewiesen. Hält Mainz am gebührenfreien Erststudium fest, werden demnächst die Studenten aus den kostenpflichtigen Nachbarländern wohl zur Kasse gebeten. Eine bundesweite Verständigung, sich untereinander die tatsächlichen Studienkosten zu erstatten, ist kaum zu erwarten. Gerade die Vor-Kämpfer für Studiengebühren in Saarbrücken, Stuttgart und München bieten weniger Studienplätze als benötigt und sind auf den "Export" von Studenten angewiesen. j.winkler@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort