Fatales Denken

Wenn in den Medien kritisch über Politiker und ihre Handlungsweisen berichtet wird, setzt häufig das große Jammern ein. Jene, die ansonsten ihre Taten rühmen, stehen dann auf andere Weise im Fokus der Öffentlichkeit: Sie müssen sich rechtfertigen.

Plötzlich fühlen sich die Betroffenen verfolgt, geißeln Berichte als "Kampagne" und schimpfen wie die Rohrspatzen über die Kritiker. Unbeachtet bleibt dabei unter anderem, dass schon zweimal vom Bundesverfassungsgericht und damit von höchster Stelle klargestellt wurde, wie weit die freie Meinungsäußerung reichen darf. So sind gegenüber Behörden selbst scharfe, abwertende, polemische oder ironische Formulierungen erlaubt. Es liegt auf der Hand, dass die Kritik um so härter ausfällt, je stärker Missstände zu Tage treten. Denn es zählt zu den elementaren Aufgaben der Presse, die Öffentlichkeit über Fehlentwicklungen aufzuklären. Zu öffentlicher Kritik und der Frage, wie damit umzugehen ist, gibt es in der Stadt Trier spezielle Meinungen. Das zeigt eine Anfrage, die von den Freien Wählern (UBM) im Stadtrat vorgelegt worden ist. Anstatt sich nachhaltig mit Managementfehlern und Millionenverlusten bei Gesellschaften mit städtischer Beteiligung zu befassen und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen, wird im Geheimen nach den Informanten geforscht, die Missstände öffentlich gemacht haben. Deren Vorgehen soll "geahndet" werden - womit enormer Druck auf alle ausgeübt wird, die über Informationen verfügen. Gleichzeitig soll Oberbürgermeister Helmut Schröer sicherstellen, dass nichts mehr nach außen dringt - womit im Grunde niemand Konsequenzen befürchten muss. Dieses Denken hat fatale Folgen: Wer über Missstände am liebsten im stillen Kämmerlein debattiert, kann nicht ernsthaft auf eine Verbesserung der Lage hoffen. Und wer Kritiker verfolgt, anstatt intensiv die Zustände zu beleuchten, der offenbart ein erschreckendes Demokratieverständnis. Dringend notwendig wäre größtmögliche Transparenz im Umgang mit Steuergeldern. Vorbildlich sind diesbezüglich die USA. Dort erlaubt seit 1966 ein Gesetz namens "Freedom of Information Act" nicht nur Journalisten, sondern allen Bürgern den Einblick in Akten der Verwaltungen. f.giarra@volksfreund.de

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