Freiwillige Lösung endgültig gekippt

Berlin. Schall und Rauch – das ist der freiwillige Nichtraucherschutz in Gaststätten nach Ansicht der Bundesregierung. Zwei Jahre nach der Unterzeichnung der Selbstverpflichtung mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) erklärt die Regierung den freiwilligen Weg für beendet.

Schon seit Monaten trommelt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), kräftig gegen das Rauchen in der Gastronomie. Dass sie nun gestern auch noch einseitig die freiwillige Vereinbarung von Bundesregierung und Gaststättenverband (Dehoga) für einen besseren Nichtraucherschutz aufkündigte, verwundert nicht. Das Abkommen ist unnütz, seit sich die Länder entschlossen haben, mit Ausnahmen das Qualmen in Kneipen und Restaurants zu verbieten. Noch wichtiger ist aber etwas anderes: Nach Ansicht Bätzings belegen die neuesten Zahlen, dass die Branche ihre Ziele jäh verfehlt hat. Die Vereinbarung mit dem Hotel- und Gaststättenverband aus dem Jahr 2005 sah vor, dass bis Anfang März mindestens 60 Prozent aller Speisebetriebe 40 Prozent ihres Platzangebotes für Nichtraucher bereithalten und kennzeichnen sollten. Laut einem vom Gesundheitsministerium beim Bundesverband der Verbraucherzentralen in Auftrag gegebenen Gutachten ist man von dieser Zielmarke weit entfernt. Schon 2006, als der Dehoga vermeldete, das erste Etappenziel mit 30 Prozent Nichtraucherplätzen in 30 Prozent der Restaurants erreicht zu haben, waren die Zweifel groß. Damals traute sich Bätzing nicht, die Vereinbarung als gescheitert zu erklären. Heute ist die politische Gemengelage gegen das Rauchen eindeutig eine andere. "Die Freiwilligkeit der Gastronomie ist gescheitert", so die SPD-Frau. Es gebe nun keine "realisierbare Möglichkeit" mehr, die Vereinbarung einzuhalten. Schließlich sollten in 2008 sogar in mindestens 90 Prozent der Restaurants die Hälfte an Plätzen für Nichtraucher vorgehalten werden. Nach Angaben Bätzings erfüllten nur 10,9 Prozent der Betriebe die Nichtraucherplatz-Vorgabe der Dehoga. 1900 der bundesweit 240 000 Speisegaststätten waren von den Verbraucherschützern untersucht worden. In Zwei-Drittel der Läden gab es überhaupt keine Nichtraucherplätze. Mit nur 9,9 Prozent wurde die Selbstverpflichtung in Nordrhein-Westfalen und mit 12,9 Prozent in Niedersachsen deutlich unterschritten. Beide Länder planen beim Qualmverbot in der Gastronomie eigene Regelungen mit der Möglichkeit von Rauchergaststätten. Das lehnt Bätzing ab: Die Mehrzahl der Gastronome werde sich dann für die Einrichtung eines Raucherlokals entscheiden - aus Angst vor Umsatzeinbußen. Die Drogenbeauftragte hofft, mit der Erhebung den Druck für eine lückenlose Regelung erhöhen zu können. Ende März wollen die Ministerpräsidenten endgültig entscheiden. In Hessen schafften 8,6 Prozent der Gastronome ausreichend Nichtraucherplätze, in Rheinland-Pfalz und Saarland waren es 9,7, in Baden-Württemberg 13,7, in Bayern 12,8 und in Brandenburg 9,8 sowie in Thüringen acht Prozent.

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