Freude mit Abstrichen

Überschwänglichist sie nicht gerade, die Freude darüber, dass heute derInternationale Strafgerichtshof in den Haag seine Arbeitaufnimmt. Ganze 89 Staaten sind dem Statut bisher beigetreten -zum Vergleich: die Vereinten Nationen zählen mehr als 190Mitglieder. Einen besonders bitteren Beigeschmack hinterlässt vordem Hintergrund der Golfkrieg-Debatte die Tatsache, dass nebenStaaten wie Israel und China auch die USA der Institution ihreUnterstützung verweigern. Oder richtiger: sie hartnäckigbekämpfen. Obwohl die Vereinigten Staaten 1998 noch für dieGründung des Weltgerichts stimmten, hat Washington inzwischen mit21 Staaten bilateral vereinbart, dass US-Bürger derRechtsprechung dieses Gerichts nicht unterstellt werden. Allen,die es dennoch gegen Amerikaner anrufen wollen, drohen die USAmit militärischer Gewalt. Und ein Gesetzentwurf, nach dembeitrittswilligen Staaten die Streichung von Hilfsgeldernangekündigt wird, scheiterte Ende 2001 nur aus formalen Gründenim US-Kongress. Damit schmälern die USA nicht nur den Einflussdes Weltgerichts und ziehen seine Legitimität in Zweifel. Siegehen auch einen weiteren Schritt auf dem beängstigenden Weg derRücknahme völkervertraglicher Verpflichtungen, den sie schon beimUmweltschutz oder der Rüstungskontrolle eingeschlagen haben. Unddennoch: Der Startschuss für das Weltgericht ist ein erfreulichesZeichen: Er unterstreicht, dass Menschenrechte nicht beliebigsind, er gibt Impulse für die Entwicklung des Rechtsbewusstseins.Und schließlich bleibt die Hoffnung, dass der heutige Tag in derEntwicklung der 132 Jahre alten Idee des Schweizers GustaveMoyniers von einem Internationalen Strafgerichtshof nicht dasEnde ist, sondern ein Anfang. i.kreutz@volksfreund.de

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