Gewagtes Vorhaben

Wenn Politiker einen Sachverhalt "sorgfältig prüfen" wollen, ist Vorsicht geboten. Übersetzt heißt das nämlich nichts anderes, als dass etwas Grundsätzliches verändert werden soll. Die Sorgfalt, die Bundesjustizministerin Zypries nun an den Tag legen will, ist allerdings berechtigt: Die Bundesregierung will eine Neudefinition des Embryonenschutzes vornehmen und damit die Werte unserer Gesellschaft "spezifizieren”. Der Hintersinn ist klar: Die deutschen Bioforscher sollen mehr Handlungsspielräume erhalten. Ein gewagtes Vorhaben, mit dem die politisch bislang unscheinbare Ministerin da vorprescht - nachdem sie sich bei Bundeskanzler Schröder abgesichert hat. Auch Schröder ist mit dem Embryonenschutzgesetz, das den Wissenschaftlern enge Grenzen setzt, nicht so ganz glücklich. Deshalb will er "eine neue Diskussion” anstoßen, wobei die Intention klar sein dürfte: Ihm liegt die Freiheit der Forschung und der Wissenschaftsstandort Deutschland am Herzen. Mehr jedenfalls als die schwer definierbare Menschenwürde eines Zellhaufens in der Petrischale, der bloß die “abstrakte Möglichkeit” (Zypries) besitzt, sich zum Menschen zu entwickeln. Das Thema ist aber zu wichtig, als es allein den Politikern zu überlassen. Die Gesellschaft muss mit entscheiden, ob sie Embryos in vitro als "Material” begreifen will, dessen Erforschung phantastische Therapie-Chancen verspricht; oder ob sie die Manipulation menschlicher Zellen zum Tabu erklärt. nachrichten.red@volksfreund.de

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