Große und kleine Skandale

Würde es in unserem Gesundheitswesen immer mit rechten Dingen zugehen, brauchte sich Ulla Schmidt nicht mehr mit den Krankenkassen über Beitragssenkungen hinter dem Komma zu zanken. Statt über 14 Prozent würde der durchschnittliche Beitragssatz bei etwa 12 Prozent liegen.

Natürlich sind 20 Milliarden Euro, die angeblich jedes Jahr durch Betrug und mangelnde Transparenz unserem Gesundheitswesen verloren gehen, eine ziemlich grobe Schätzung. Aber die provokative Größenordnung markiert zumindest das Problem. Und das liegt nicht nur bei den schwarzen Schafen unter der Ärzteschaft oder einer bestens organisierten Pharmabranche, die stets vorgibt, dem Wohl der Patienten zu dienen, aber natürlich ihre wirtschaftlichen Bilanzen im Blick hat. Zu Recht entrüsten wir uns über die großen Skandale und vergessen dabei doch leicht die vermeintlich kleinen Vergehen. Schon die Weitergabe einer Chipkarte zur ärztlichen Behandlung unversicherter Mitbürger richtet Schaden an. Die Vortäuschung einer Krankheit tut es ebenso. Und so mancher hat auch schon Scheinrechnungen aus dem Ausland vorgelegt, um seine Kasse abzuzocken. Nicht alle Fälle lassen sich in strafrechtliche Kategorien einordnen. Es geht auch um moralische Bewertungen. Wer sich an einem System bereichert, das an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit stößt und vor allem Menschen mit geringem Einkommen belastet, der handelt unanständig. Mit der Gesundheitsreform sollen Korruptionsbeauftragte bei Kassen und Ärzten die Missstände bekämpfen. Bleibt abzuwarten, ob sich das Mittel bewährt. nachrichten.red @volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort