Grüne Lebenslüge

BERLIN. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) ist ins Visier des Koalitionspartners geraten: Führende Grüne fordern eine Wende in der Verkehrspolitik - darunter die Entwicklung eines gebrauchstüchtigen Ein-Liter-Autos.

"Vier Minister seit 1998, die Häufigkeit dieses Wechsels hat der Verkehrspolitik in Deutschland nicht gut getan”, sagte der grüne Experte Albert Schmidt gestern anlässlich einer Konferenz seiner Partei in Berlin zur Verkehrspolitik. Das Ministerium sei kein Verwaltungs-, sondern ein großes Gestaltungsministerium: "Es fehlt aber an Kontinuität und Innovation”, kritisierte Schmidt weiter. "In den letzten Jahren hat es keine Verkehrswende im großen Stil gegeben”, räumte der Experte gleichzeitig eine "Lebenslüge” der Grünen ein. Der propagierte volle Umstieg vom Auto auf die Bahn sei misslungen. Allerdings habe es Trendänderungen gegeben. So habe sich gezeigt, "die schlichte These des immerwährenden Verkehrswachstums in Deutschland ist falsch.” Außerdem sei seit 1999, dem Jahr der Einführung der Ökosteuer, der Spritverbauch und damit die CO2-Emissionen um jährlich etwa zwei Prozent zurückgegangen - "obwohl die Wirtschaftsleistung im gleichen Zeitraum gewachsen ist”. Die Grünen wollen laut ihrem neuen Verkehrskonzept den Autoverkehr nun vom Erdöl unabhängiger machen und den Benzinverbrauch drastisch senken. "Das Ein-Liter-Auto muss in Deutschland als erstem Land gebaut werden und sollte ab 2010 serienreif sein”, so die energiepolitische Sprecherin der Fraktion, Michaele Hustedt. Bis 2010 strebe man eine Verringerung des durchschnittlichen Spritverbrauchs auf fünf Liter und bis 2015 auf drei Liter je 100 Kilometer an. Darüber hinaus setzen die Grünen auf alternative Kraftstoffe und steuerliche Änderungen. Unter anderem soll die Mehrwertsteuer für Ferntickets im Bahnverkehr ermäßigt werden, und die Kfz-Steuer will die Fraktion nicht mehr nach dem Hubraum erheben, sondern nur noch nach CO2-Emissionen und den Schadstoffen der Euro-Normen. Überdies bleibt die Partei dabei: Die Weiterentwicklung der Ökosteuer müsse geprüft werden. Als Ziel bis 2020 wird in dem Konzept zudem eine Steigerung des Anteils alternativer Kraftstoffe wie Biodiesel, Elektro- und Wasserstoffantrieb propagiert.

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