Gruß aus Mannheim

Es warvor acht Jahren, als die SPD schon einmal tief in der Krisesteckte. Damals hieß der Vorsitzende Rudolf Scharping. Und eineeinzige Rede genügte, um den drögen Obergenossen vom Thron zustoßen. Wiederholt sich jetzt der "Königsmord" des MannheimerParteitages? Oskar Lafontaine, soviel scheint sicher, steht dafürerneut in den Startlöchern. Doch wie die Dinge liegen, dürfte erdort auch hängen bleiben. Seine Parteilinke ist gespalten.Während ein kleiner Teil nach der Devise "Alles oder Nichts"handelt, sucht der größere Teil bei den ungeliebtenSozialreformen zu vermitteln. Diese Uneinigkeit ist ganz im Sinnevon Gerhard Schröder. Hinzu kommt, dass die Rebellen keineüberzeugenden Gegenrezepte anzubieten haben. Der Aufruf zu ihremMitgliederbegehren suggeriert, im Prinzip könne alles so bleibenwie gehabt. Dabei ahnen auch traditionelle Sozialdemokraten, dassdie Sozialsysteme vor dem Kollaps stehen und der Arbeitsmarkt derZukunft ein anderer sein wird als zu Zeiten desWirtschaftswunders. Das ist ein psychologischer Vorteil für denKanzler. Nutzen lässt er sich allerdings nur, wenn er flexibelauf Kompromissvorschläge reagiert. Jenseits der unbequemenReformüberschriften ist noch Luft fürs Kleingedruckte. Wenn sichzum Beispiel die Höhe des neuen Arbeitslosengeldes II an derSozialhilfe "orientiert", dann bedeutet das noch lange nicht dengleichen Zahlbetrag. Schröder muss dem linken Parteiflügelentgegenkommen, sonst scheitert er wirklich. Am Ende wird mansich darüber streiten können, ob die ursprüngliche Reform-Agendaim Grundsatz anders geworden ist oder nur im Detail. Dabeidürften beide Lager mit Nebelkerzen werfen. Oskar Lafontaine wirdweiter zetern. Ob der Sonderparteitag seine Bühne wird, liegt beiGerhard Schröder. nachrichten.red@volksfreund.de

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