Gut für die Konjunktur

Würden die Entscheidungen in Gesetzgebung und Verwaltung nicht immer meilenweit entfernt vom Bürger ablaufen, müsste jetzt ein großes Aufatmen durch die Republik gehen. Mit der Bundesnetzagentur, die am 13. Juli ihre Arbeit aufgenommen hat, will der Gesetzgeber endlich für einen echten Wettbewerb auf dem Energiemarkt sorgen.

Spät genug. Seit langem war unter Experten unstrittig, dass die viel gepriesene Liberalisierung beim Strom gescheitert ist und beim Gas überhaupt nie in Gang kam. Nach einer Phase des Wettbewerbs sind für die Strom-Großversorger längst wieder die seligen Monopolzeiten eingekehrt. Mangels Konkurrenz erhöhen die vier Großunternehmen, die sich den deutschen Strommarkt fast vollständig teilen, munter die Preise und halten zugleich unbequeme Wettbewerber fern. Grund für diese verbraucherfeindliche Situation ist eineLücke im alten Energiewirtschaftsgesetz von 1998. Das schaffte zwar das Gebietsmonopol der Versorger ab, ließ ihnen aber die Verfügung über die Leitungen. Kein Wunder, dass man in den Konzernzentralen der Versuchung erlag und die Netze anderen Anbietern nur gegen saftigen Entgelte öffnete. Die hatten dann im Preiswettbewerb mit den Großen regelmäßig das Nachsehen und verschwanden reihenweise wieder vom Markt. Wenn ein kleiner Energieversorger 38 Prozent des Strompreises nur für die Leitungskosten aufwenden muss, dann stimmt etwas nicht. Ob die neue Regulierungsbehörde diese Situation verändern kann, muss sich erst noch zeigen. Die großen Versorger müssen zwar organisatorisch Netz und Stromversorgung trennen und belegen, was die Durchleitung wirklich kostet, aber sie behalten ihr Netz-Monopol. Gelingt es, trotzdem einen freien Markt durchzusetzen, dann eröffnen sich auch Aussichten auf deutlich sinkende Strompreise. Das schmälert dann zwar einige Konzerngewinne, wäre aber Schmierstoff für die Konjunktur. Und dazu einer der wenigen Fälle, in denen Bürokratie tatsächlich einmal unmittelbar den Bürgern dient. Die müssen dann allerdings auch aktiv werden und tatsächlich zum günstigsten Anbieter wechseln. m.moeller@volksfreund.de

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