Heilige Kuh geschlachtet

Die Ankündigung von Bit-Chef Axel Simon, auf das deutsche Reinheitsgebot notfalls zu verzichten, klingt wie ein Tabubruch. Über Jahrzehnte hinweg haben die Brauer den hiesigen Biertrinkern schließlich eingeredet, nichts sei so bewahrenswert wie das knapp 500 Jahre alte Reinheitsgebot.

Das stand zwar stets auf dem Papier, konsequent eingehalten aber wurde es in der ganzen Zeit so gut wie nie - schon weil die Rohstoffe nicht ausreichend vorhanden oder zu teuer waren. So wie jetzt das Gerstenmalz. Die Preise sind explodiert, weil allein in Europa rund eine Million Tonnen fehlen. Deutsche Brauer müssen also tief ins Portemonnaie greifen, wenn sie den selten gewordenen Rohstoff kaufen wollen. Dumm nur, dass dann theoretisch fällige Bierpreiserhöhungen nicht an die Verbraucher weitergegeben werden können. Schon allein deshalb nicht, weil die auf dem deutschen Markt vertretene ausländische Konkurrenz die Preise konstant halten wird. Die großen Braukonzerne in Belgien, Holland, Amerika oder Südafrika verwenden für den Großteil ihrer Produkte nämlich schon lange die deutlich günstigeren Zutaten Mais oder Reis - und das Bier schmeckt deshalb auch nicht schlechter. Es war daher nur eine Frage der Zeit, dass eine große deutsche Brauerei öffentlich mit dem Gedanken spielt, das Reinheitsgebot über Bord zu werfen. So rasch werden in Globalisierungszeiten vermeintlich heilige Kühe geschlachtet. r.seydewitz@volksfreund.de

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