Höchste Zeit, um Gottes Willen

Das neue Unterhaltsrecht wird spalten. Höchste Zeit, dass das kommt, werden die einen sagen. Seht, der verlassene Ehemann! Schuftete bis in die Nacht für die Familie, und plötzlich hatte seine Frau einen Neuen.

Das neue Unterhaltsrecht wird spalten. Höchste Zeit, dass das kommt, werden die einen sagen. Seht, der verlassene Ehemann! Schuftete bis in die Nacht für die Familie, und plötzlich hatte seine Frau einen Neuen. Jetzt muss er Unterhalt zahlen, für sie, für die beiden Kinder – und wird arm darüber. Wie gern hätte er noch ein Baby mit der neuen Frau an seiner Seite, doch das ist finanziell nicht drin. Um Gottes Willen, werden andere argumentieren, dieses Gesetz zerstört wichtige soziale Errungenschaften. Seht, die verlassene Ehefrau! Jahrelang opferte sie sich für Mann und Kinder auf. Dann brannte der Gatte mit seiner Sekretärin durch. Nun muss sie aus dem schönen Haus in eine kleine Wohnung ziehen, vom Leben in höheren Kreisen in ihren alten Job als Kassiererin zurückkehren. Wer hat Recht? Wie so oft beide. Und keiner. Die Eckpunkte des Gesetzes sind ohne Zweifel begrüßenswert: Dass der Unterhalt für die Kinder an erste Stelle rückt. Dass nicht-eheliche Mütter besser gestellt werden. Dass eine Scheidung nicht mehr bedeutet, dass eine neue Familie kaum finanzierbar ist. Und es ist richtig, dass geschiedene Frauen wieder arbeiten sollen – auch in einer Ehe verdienen Mütter oft dazu, damit es reicht. Doch das Gesetz wirft Fragen auf, die erst beantwortet werden müssen. Vor allem die der Zumutbarkeit. Soll die Unternehmerfrau nach 15 Jahren im entsprechenden Umfeld wieder ans Fließband müssen? Was, wenn eine Geschiedene gerne in ihren Beruf zurückkehren würde, es aber dort keine Teilzeitjobs gibt – sie zum Putzen schicken? Und was, wenn der nächste Hort mit Betreuung über Mittag 20 Kilometer entfernt liegt? Die Ansätze des neuen Unterhaltsrechts sind gut; eine abschließende Beurteilung muss warten, bis die Details auf dem Tisch liegen. i.kreutz@volksfreund.de

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