Ignorieren bringt nichts

Wer die Erfolge von DVU und NPD bei den jüngsten Landtagswahlen wie gewohnt in die Schublade der einmaligen Ausrutscher einordnet, könnte einem gefährlichen Irrtum unterliegen. Bislang war das Schema einfach: Wenn die Wähler aufgrund diffuser Ängste vor zu viel Fremden oder zu viel Kriminalität einer rechtspopulistischen Partei zum Einzug in ein Parlament verhalfen, ließen die großen Parteien ihre Schilys oder Kanthers von der Leine, und die holten durch strammes Gebell die verirrten Schäfchen ins bürgerliche Lager zurück.

Der Mangel an politischem Talent und die Impertinenz im Auftritt der rechtsextremen Fraktionen taten ein Übriges, um dafür zu sorgen, dass der Spuk nach einer Legislaturperiode verschwunden war. Diesmal ist die Lage anders. Die DVU hat in Brandenburg den Wiedereinzug geschafft, mit anderen Worten: Sie ist dabei, Protestwähler zu Stammwählern zu machen. Und die NPD in Sachsen verdankt ihr Ergebnis nicht ewiggestrigen alten Säcken, sondern einem Riesen-Zulauf bei Jungwählern. Die Wähler der Rechten machen ihr Kreuzchen nicht aus dumpfer Ideologie heraus, sondern aufgrund realer Existenzängste. Genau das macht die Mischung so explosiv, vor allem in den neuen Ländern. Ideologen kann man ausgrenzen und isolieren, aber Menschen, die Angst haben, muss man überzeugen, dass es für sie eine Perspektive gibt. Das demokratische Lager wird in dieser heiklen Situation seine Abwehrmechanismen überdenken müssen. Die Devise "Gar nicht erst ignorieren" funktioniert nicht mehr. Die Fernseh-Auftritte am Wahlabend, bei denen die Vertreter der bürgerlichen Parteien mitten im Gespräch einfach verschwanden und Journalisten, die ansonsten auch das größte Klischee-Gesülz widerstandslos durchgehen lassen, sich bei den NPD- und DVU-Vertretern als radikale Wortabschneider betätigten, sind genau jener Stil, der den Rechten die Wähler zutreibt. d.lintz@volksfreund.de

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