Im Gespräch

In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" war in dieser Woche die Schilderung einer Journalistin zu lesen, die für die britische Tageszeitung "Guardian" schreibt. Sie war aus Versehen ohne Pressevisum in Los Angeles gelandet, weil sie nicht wusste (ich übrigens auch nicht), dass auch Bürger aus mit Amerika befreundeten Ländern mit vereinfachter Visumpflicht seit März 2003 ein solches benötigen.

Und dann passierte das: Die Kollegin erfuhr eine Behandlung wie eine gefährliche Kriminelle, der man keine Grundrechte zugesteht. Sie wurde abgetastet, durchsucht und fotografiert. Die Fingerabdrücke wurden ihr abgenommen. Die Hände fesselte man ihr mit Handschellen auf den Rücken. Und dann transportierte man sie in ein Gefängnis für Abschiebehäftlinge. Dort musste sie 26 Stunden in einer Zelle mit Glaswänden - ausgestattet nur mit einer schmalen Bank, einer Toilette und einem Waschbecken, jeweils aus Stahl - verbringen, für jeden Wärter sichtbar, zusätzlich überwacht von einer Kamera und dauerberieselt durch eine Einkaufssendung, die in einem Fernseher lief. Und das schrieb die britische Kollegin nach ihrer anschließenden Abschiebung nach London: "Was für ein Land hat Angst vor der ausländischen Presse? Dieser Frage nachzugehen, hatte ich viel Zeit während meiner verstörenden, demütigenden und zutiefst enttäuschenden Begegnung mit einem Amerika, das nur noch ein Zerrbild jenes Landes ist, welches ich liebe." Man möchte fragen: Amerika, was tust du nicht nur deinen Freunden, was tust du dir zur Zeit auch selbst an? Bis zum nächsten Mal Ihr Walter W. WeberChefredakteur

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