Im Gespräch

Wenn man sieht, mit welchem Engagement Spieler anderer Nationen zurzeit bei der Fußball-Europameisterschaft beim Abspielen ihrer Nationalhymnen mitsingen, dann ist man beim Blick auf die bereits gescheiterten deutschen Akteure wieder einmal nachdenklich geworden: Wenige sangen mit bei ihren drei Auftritten in Portugal, einige bewegten, kaum wahrnehmbar, die Lippen, der Rest, angeführt vom Kapitän Oliver Kahn, verharrte in eisernem Schweigen.

Mit Konzentration auf das bevorstehende Spiel konnte das eigentlich nichts zu tun haben. Sonst wären mitsingende Weltstars anderer Nationalteams ja leichtsinnige Trottel. Hatte es also vielleicht etwas mit der Einstellung zur Nation zu tun? Fürchteten sich die Schweiger etwa, durch Mitsingen als übersteigerte Nationalisten abgestempelt zu werden? Oder schämten sie sich gar? Jürgen Sparwasser, der 1974 die DDR-Mannschaft zum legendären 1:0-Sieg gegen den späteren Weltmeister Bundesrepublik schoss, meinte vor einigen Tagen in einer Talk-Show, er könne so etwas einfach nicht verstehen: Die Spieler seien doch Vorbilder. Etwas Nationalgefühl könne doch nicht schaden. Ehrlich gesagt, liebe Leserin, lieber Leser, ich kann es auch nicht verstehen. Und werde mich daran auch nie gewöhnen können. Seien wir also wenigstens froh darüber, dass Kahn bei der Hymne nicht Kaugummi kaute. Und uns der Anblick der Schweiger nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft für den Rest der Europameisterschaft erspart bleibt. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende Ihr Walter W. WeberChefredakteur

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