Als rhetorischer Knallfrosch hüpft er jetzt seit drei Wochen durch alle Fernsehkanäle, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Ludwig Stiegler. Und bei seinem heldenhaften Feldzug für Gerhard Schröder ("Der muss Kandidat bleiben!") schont er weder die politischen Gegner noch die eigenen Genossen, wenn er tönt: "Maul halten!", "Dampf-Plauderer!", "Verrat!". Doch was die einen Beobachter amüsiert, andere aufregt an diesen verbalen Rumpelstilzeleien, Stiegler auf jeden Fall aber Aufmerksamkeit sichert, ist eigentlich mehr als harmlos. In früheren Jahrzehnten ging es da zwischen den Politikern wesentlich heftiger und deftiger zur Sache, wie ein Blick in alte Protokolle von Bundestagssitzungen zeigt.Den härtesten rhetorischen Punch (Schlag) hatte zweifellos der frühere SPD-Fraktionschef Herbert Wehner, der die CDU-Abgeordneten Wohlrabe als "Übelkrähe" und Todenhöfer als "Hodentöter" attackierte. Doch auch CSU-Schwergewicht Franz Josef Strauß war ein Meister im Umgang mit der Wortkeule. Er nannte 1950 den KPD-Abgeordneten Fisch "Wortführer einer Mörderbande". Dass der politische Umgangston früher eindeutig schlimmer war als heute, zeigt ein kleiner Auszug aus der Schimpfwörterliste der Bundestagsprotokolle zwischen 1950 und 1990. Darin zu finden sind: Dreckschleuder, Flegel, Drecksack, Lümmel, Lügner, Fälscher, Lump, Verbrecher, Schwachkopf, Kläffer, Schwein, Clown, Sumpfblüte, Manneken Pis und Ratte.