Im Land der Bayern

Es waren eindrucksvolle Bilder vom Papstbesuch. Hunderttausende Menschen in friedlicher Feierstimmung, bisweilen an die Fußball-WM erinnernd, auch wenn die Party-Laune, dem Anlass angemessen, nicht ganz so ausgelassen war.

Ist man ein Spaßverderber, wenn man sich den Besuch eines geistlichen Oberhaupts in seiner Heimat auch etwas weniger gigantomanisch vorstellen könnte? Privater? Inniger? Ohne Fernsehkameras bei jedem Schritt und Stadion-Sprechchöre? Aber man kann dem Papst nicht ernsthaft vorhalten, dass er dem Bedürfnis seiner Gemeinde entspricht, sich um ihn zu scharen. Und wenn das nun mal so viele sind, wie es im Land der Bayern waren, dann diktiert die reine Quantität wohl unvermeidlich die Bedingungen, unter denen sich ein solcher Besuch abspielt. Inklusive der 50 Millionen Euro, die die Visite am Ende gekostet haben wird. Was der Papst aber alleine bestimmt, ist der Inhalt seiner Äußerungen. Und da bleibt, neben viel Aufmunterndem und manch Unverbindlichem, ein arger Misston. Benedikt XVI. hat den Islam kritisiert - sein gutes Recht. Aber er hat diese Kritik begründet mit der wenig verklausulierten These, dem Islam seien Gewalt und Irrationalität wesenseigen, wohingegen das Christentum aus sich heraus friedfertig und vernünftig sei. Das ist nun gewagt bei einer Glaubensgemeinschaft, die im Laufe ihrer Existenz reichlich Kreuzzügler, Kanonen-Segner und Inquisitions-Folterer hervorgebracht hat - die alle unter Berufung auf die Bibel handelten. Das Christentum hat sein Mittelalter aus eigener Kraft überwunden, eine ungeheure historische Leistung. Gleichwohl hat es stattgefunden. Wer das nicht verdrängt, muss auch dem Islam die Chance zubilligen, seine Auswüchse und Missbildungen zu überwinden. d.lintz@volksfreund.de

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