Im Schneckentempo

BERLIN. Die Unionsparteien haben sich auf einen groben Fahrplan für ein gemeinsames Gesundheitskonzept verständigt. Viele Fragen blieben aber beim Gespräch der Unions-Spitzen ungeklärt.

Morgens um halb zwei waren die Helden müde. Nach einer fast fünfstündigen Sitzung, in der es nach Art der Weinbergschnecke nur äußerst zäh voran ging, zogen die Unionsführer ermattet von dannen. Erreicht hatten sie nichts, die Fronten im Streit um den Kurs in der Gesundheitspolitik blieben verhärtet. Um nicht mit völlig leeren Händen vor die Presse treten zu müssen, hatten die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber schon zuvor verabredet, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die das Problem nun lösen soll. Es sollten derer gleich zwei werden. Den Generalsekretären Laurenz Meyer (CDU) und Markus Söder (CSU) blieb es vorbehalten, das Krisentreffen im Konrad-Adenauer-Haus positiv darzustellen. Danach war klar: CDU und CSU sind sich in der Frage der künftigen Finanzierung des Gesundheitssystems allenfalls atmosphärisch näher gekommen. Nach wie vor steht die Kopfpauschale der CDU (einheitlicher Krankenkassenbeitrag für alle) dem Stufenmodell der CSU (sozial gestaffelter Beitrag) gegenüber. Stoiber will den Merkel-Vorschlag nicht akzeptieren, weil die soziale Auswuchtung zu teuer sei. Nach Berechnungen sind etwa 40 Milliarden Euro Steuergeld nötig, um den Zuschuss für Geringverdiener zu finanzieren. Merkel wiederum besteht auf ihrem vom CDU-Parteitag bestätigten Konzept, das den angestrebten Systemwechsel beinhaltet (Entlastung für Unternehmen, die keine steigenden Beiträge mehr fürchten müssten). Jetzt sollen also Arbeitsgruppen die Quadratur des Kreises versuchen und einen Kompromiss finden. Bis Mitte Oktober will eine kleine Runde (Meyer, Söder, Erwin Huber, Volker Kauder) die Lösung vorbereiten, danach soll bis zum CDU-Parteitag Anfang Dezember eine große Runde (von CDU-Seite Merkel, Meyer, Kauder, Roland Koch, Jürgen Rüttgers, Wolfgang Althaus, Christian Wulff, Friedrich Merz; von CSU-Seite Stoiber, Söder, Huber, Michael Glos, Horst Seehofer, Christa Stewens, Kurt Faltlhauser) die Feinarbeit erledigen. Aus Merkels Umgebung hieß es am Freitag, die Vorsitzende sei "optimistischer als zuvor", dass dies gelinge. Aus der Stoiber-Ecke hörte man nicht viel, was in Berlin als Zeichen der Schwäche gedeutet wurde. Wie viel Machtpolitik bei diesem zähen Ringen um Sachfragen im Spiel war, ließ sich am Freitag wegen der Zurückhaltung der Beteiligten nicht feststellen.

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