Im Tollhaus

An distanzierenden Erklärungen in der großen Koalition zur eigenen Gesundheitsreform herrscht wahrlich kein Mangel. SPD-Vize Elke Ferner hat dem nun ein entlarvendes Kapitel hinzugefügt. Während sich das neue Gesetz gerade ins Ziel schleppt, lässt ihre Idee die Vorlage steinalt aussehen.

Ferners Ruf nach einem höheren Steuerzuschuss zur Finanzierung der Krankenkosten findet sogar in der Union Anklang. Warum beide Lager nicht gleich drauf gekommen sind, mag sich der Betrachter da verwundert fragen. Nein, der jüngste Hakenschlag in Sachen Gesundheitsreform lässt sich nur noch als Stück aus dem Tollhaus begreifen. Zeigt er doch die ganze Absurdität des notdürftig geborenen Kompromisses. Auf eine nachhaltige Finanzierungsgrundlage sollte das deutsche Gesundheitswesen gestellt werden. Dafür hätte es in der Tat eines "Umsteuerns" bedurft. Doch die große Koalition war zu schwach für den großen Wurf. Die Opposition darf das naturgemäß beklagen. Wenn Teile der Koalition in die gleiche Kerbe hauen, dann stellen sie ihre Regierungsfähigkeit gleich mit in Frage. Soviel Selbstkritik ist selten. Nur leider bleibt sie ohne Folgen. Anstatt konsequent die ganze Reform einzustampfen, sind Union und SPD von dem Gedanken beseelt, dass sie zumindest ihren ideologischen Grundkonzepten einer Kopfpauschale beziehungsweise der Bürgerversicherung nicht schadet. Und so werden beide Seiten bei der nächsten Bundestagswahl mit gesundheitspolitischen Verheißungen auf Stimmenfang gehen. Im schlimmsten Fall kommt wieder eine große Koalition heraus, die dem alten Murks einen neuen hinzufügt. Traurige Aussichten für das deutsche Gesundheitswesen. nachrichten.red@volksfreund.de

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