In der linken Ecke
Es ist schon erstaunlich: Vor sieben Jahren empfahlen sich SPD und Grüne der "neuen Mitte". Nach ihrem gemeinsamen Scheitern flüchten beide Parteien nun wieder in die linke Ecke.
Es ist schon erstaunlich: Vor sieben Jahren empfahlen sich SPD und Grüne der "neuen Mitte". Nach ihrem gemeinsamen Scheitern flüchten beide Parteien nun wieder in die linke Ecke. Dass die Grünen in ihrem Wahlprogramm die Melodie der sozialen Gerechtigkeit in allen möglichen Facetten intonieren, ist nachvollziehbar. Mit der SPD und dem Linksbündnis aus PDS und WASG erwächst ihnen gleich doppelte Konkurrenz. Nach einer repräsentativen Umfrage kann sich jeder fünfte Anhänger der Ökos vorstellen, sein Kreuzchen bei Gysi & Lafontaine zu machen soviel wie bei keiner anderen Partei. Das zwingt zum Umdenken. Sonderlich überzeugend wirkt die Fischer-Truppe dabei allerdings nicht. Wer bis eben noch die Absenkung des Spitzensteuersatzes als politische Wohltat feierte und die Reichen nun mit einer Sondersteuer schröpfen will, macht sich schlicht unglaubwürdig. Um Missverständnisse zu vermeiden: Ein Schwerstverdiener mit 500 000 Euro und mehr im Jahr kann sehr wohl einen stärkeren Beitrag für die Gesellschaft leisten. Zu kritisieren ist, dass die Grünen erst im Wahlkampf darauf gekommen sind. Nichts anderes gilt übrigens für die SPD. In ihren Anfängen haben sich die Grünen zweifellos als linkes Korrektiv zur Sozialdemokratie begriffen. Doch dieser Nimbus ist längst verblasst. Hinzu kommt ein anderes Problem: Grüne Politik beschäftigt sich zu oft mit Orchideen-Themen. In einem Wahlkampf, der nicht einmal die Grünen selbst an eine neuerliche Regierungsbeteiligung glauben lässt, könnte das eine schwere Hypothek sein. Wozu werden die Ökos eigentlich gebraucht, wenn sich die politische Auseinandersetzung auf Union und SPD konzentriert? Eine überzeugende Antwort steht noch aus. nachrichten.red@volksfreund.de