Kanzlers Abschiedstour

Arme, alte SPD! Jetzt glauben selbst führende Genossen nicht mehr daran, dass die Bundestagswahl am 18. September noch auf der Ziellinie zu gewinnen ist. Kopf hoch angesichts der bevorstehenden Niederlage, heißt die Devise, die insgeheim bereits ausgegeben zu sein scheint.

Wie seinerzeit auf der havarierten Titanic wird zwar die SPD-Kapelle auf dem heutigen Wahlparteitag in Berlin noch einmal pflichtgemäß zur Attacke blasen. Doch am Untergang, sprich an der Wahlschlappe in gut zwei Wochen werden weder der Parteitag noch das Fernsehduell Schröder/Merkel am Sonntag etwas ändern. Die SPD ist auf dem direkten Weg in die Opposition. Selbst, wenn es am Ende doch noch zu einer Großen Koalition mit den Genossen als Juniorpartner reichte, ist Gerhard Schröder ein Mann für die Geschichtsbücher. Seine derzeitigen Wahlkampfauftritte in allen Teilen der Republik sind des Kanzlers Abschiedstournee. Und auch Schröders Nachfolger als Parteivorsitzender, Franz Müntefering, wird allenfalls noch für eine überschaubare Übergangszeit zur Verfügung stehen. Der nach der Wahlschlappe notwendige personelle und inhaltliche Neuanfang ist mit einem 65-Jährigen nicht möglich. Die spannende Frage ist daher längst nicht mehr, wie die letztlich an der eigenen Reformfreude scheiternde Partei am Wahlsonntag abschneiden wird, sondern: Wer soll die Genossen anschließend wieder aus dem Tal der Tränen herausführen? r.seydewitz@volksfreund.de

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