Katzenjammer in Berlin

Der Luftballon platzte mit einem lauten Knall: Die "Mutter aller Reformen", die Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, ist gescheitert. Kleinmut, Egoismus und Ideologie heißen die Spielverderber, die eine historische Chance zunichte machten.

Man darf gespannt sein, wie lange die Politik brauchen wird, um sich von diesem Rückschlag zu erholen. "Wir müssen diese Chance nutzen", sagten die Vorsitzenden der Föderalismuskommission, Franz Müntefering und Edmund Stoiber, beim Start der Verhandlungen vor einem Jahr. Ein Scheitern hatte man gar nicht erst ins Auge gefasst, "weil wir sonst zu Verlierern in Europa werden". Nun ist der Ernstfall eingetreten. Die 32 Mitglieder von Bundestag und Bundesrat haben die Mammutaufgabe nicht stemmen können. Katzenjammer in Berlin. Die Länder sagen, der Bund sei schuld; der Bund behauptet, die Länder seien stur. Wahrscheinlich stimmt beides. Schließlich ging es um die Verteilung der Macht im Staate: Wer hat was zu sagen in der föderalen Republik? Geplatzt ist der Traum von einer Entflechtung der verworrenen Verantwortlichkeiten an der Bildungspolitik. Die Länder sind versessen darauf, in diesem Kernbereich das alleinige Sagen zu haben, "vom Kindergarten bis zur Universität". Doch der Bund wollte nicht mitspielen. Er fürchtet einen bildungspolitischen Flickenteppich. Jetzt ist guter Rat teuer. Die einfachste Lösung wäre, so lange zu verhandeln, bis ein Ausweg gefunden ist. Die Politiker haben die verdammte Pflicht, zu einem Ergebnis zu kommen. Dafür sind sie gewählt, dafür werden sie bezahlt. Vom üblichen Schwarze-Peter-Spiel haben die Bürger die Nase gestrichen voll. Hoffentlich wird Weihnachten zu einer Phase der Besinnung, damit ein neuer Anlauf genommen werden kann. Das Ergebnis von gestern kann nicht das letzte Wort gewesen sein. nachrichten.red@volksfreund.de

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