Kaum Neues - außer an der Imbissbude

BERLIN. (vet) "Bürokratie ist eine ziemlich mühsame Veranstaltung", klagt Wolfgang Clement. Aber der Wirtschaftsminister lässt nicht locker. Im Kampf gegen den Paragraphendschungel präsentierte er eine Liste mit 34 Einzelvorhaben.

Die geplanten Maßnahmen betrafen sowohl das Wirtschafts- und Steuerrecht, aber auch schlichte Vereinfachungen etwa bei der Anmeldung in einem Hotel. Gestern nun hat das Kabinett einen Beschluss gefasst. Manche Idee verschwand dabei im Papierkorb. Die Minister-Kollegen akzeptierten nur 28 Punkte. Einige davon sind allerdings schon längst auf dem parlamentarischem Weg (zum Beispiel die Novelle der Arbeitsstättenverordnung). Bei anderen wiederum kam Clement nicht um Abstriche herum. Noch Stunden nach der Kabinettsentscheidung fand sich auf der Homepage seines Ministeriums eine Liste, in der es an erster Stelle hieß: "Umstellung der Umsatzsteuervorauszahlung auf Ist-Besteuerung für Unternehmen bis 750 000 Euro Umsatz zur Verbesserung der Liquiditätslage kleiner und mittlerer Unternehmen." Im Klartext: Solche Betriebe sollen erst dann ans Finanzamt zahlen, wenn der Kunde die Rechnung auch tatsächlich beglichen hat und nicht schon vorher. Ein schriftlicher Vermerk des Bundesfinanzministeriums, der vom 29. April datiert und unserer Zeitung vorliegt, räumte dieser Lösung aber schon damals "keine Realisierungschancen" ein. Die Umstellung würde den Finanzminister nämlich bares Geld kosten. Nach interner Intervention musste sich das Clement-Ressort schließlich am Mittwoch-Nachmittag korrigieren: Statt einer bundeseinheitlichen Erleichterung wird die Ist-Besteuerung nur für ostdeutsche Betriebe mit einem Umsatz von maximal 500 000 Euro über das Jahr 2004 hinaus verlängert. Auch die mit viel Wind offerierte Totalfreigabe des Ladenschlusses ist eher ein laues Lüftchen (s iehe Seite 6 ). Eine Abschaffung des Schornsteinfegermonopols lässt ebenfalls auf sich warten. In der Kabinettsvorlage ist nur von einer "Überprüfung" die Rede. Der CDU-Experte Peter Fuchs erinnerte daran, dass der Wirtschaftsminister seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren über 100 Vorschläge zur Beseitigung des Regulierungswahns gemacht hat. "Umgesetzt wurden aber nur ganze Neun." In der Kabinettsliste enthalten sind Vereinfachungen bei der Veranlagung von Köperschaftssteuer, bei der Einkommensteuererklärung sowie bei der Buchführung und Betriebsprüfung. Darüber hinaus geht es um beschleunigte Sondergenehmigungen für bestimmte Fahrzeuge bis hin zur Liberalisierung des Gaststättenrechts. So benötigen zum Beispiel Imbissbuden-Besitzer nur die Anmeldung bei der Gemeinde. Eine Gaststättenkonzession soll entfallen. Der Zeitpunkt für die Verwirklichung ist allerdings noch offen. Das gleiche gilt für die schon erwähnte Entrümpelung der Arbeitsstättenverordnung. Die Vorlage schmort bereits seit dem letzten Herbst im Bundesrat. FDP-Fraktionsvize Birgit Homburger hat dafür eine Erklärung: "Die Vorschriften wurden zum großen Teil nur in den Anhang der Novelle verschoben." Von Bürokratie-Abbau könne kaum die Rede sein. "Es wird sogar neue Bürokratie geschaffen", sagt Homburger. In der Tat plant Clement die Installierung eines Expertenausschusses, der "bedarfsgerecht praxisorientierte Regeln ermittelt, wie die in dieser Verordnung gestellten Anforderungen erfüllt werden können".

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